Ein elektrisches Antriebssystem besteht i. d. R. aus der elektrischen Arbeitsmaschine (Motor), der Schnittstelle zur elektrischen Energieversorgung und der anzutreibenden mechanischen Lastmaschine. Die Schnittstelle zur elektrischen Energieversorgung wird in der Antriebstechnik zunehmend nicht mit einem direkten Netzzugang realisiert, sondern über eine Stromrichter- bzw. Umrichterschaltung (IGBT). Diese besteht aus leistungselektronischen Bauteilen. In der Regel ist auch die Antriebsregelung darin realisiert. Der Begriff Antriebstechnik umfasst sämtliche Teile des Antriebssystems. Eine Wesentliche Rolle beim Elektromotor spielen auch die eingesetzten Magnetwerkstoffe. Unser umfangreiches Seminar-und Tagungsangebot (auch online) im Bereich Elektrische Antriebstechnik finden Sie detailliert auf den Seiten zur Elektrotechnik hier: http://www.hdt.de/elektrische-antriebe
Angeboten werden unter anderem Seminare zu folgenden Themen:
• Magnetsensoren: Bestimmung von Position, Bewegung und Strom
• Schutzkonzepte für Motoren in Industrieanlagen
• Vibrationen und Geräusche von elektrischen Antrieben (nvh)
• Elektrische Kleinmotoren und Kleinantriebe, Schrittmotoren, Servomotor
• Traktionsmotoren - Design, Optimierung und Analyse
• Wechselwirkungen Motor – Frequenzumrichter
• Leistungselektronik: IGBT, Tyristoren, Mosfet, Umrichter, Leistungshalbleiter
• Regelung von Drehstromantrieben
• Fertigung elektrischer Maschinen (E-Motoren)
• Fertigungstechnologien und Qualitätssicherung bei elektrischen Traktionsmaschinen
• Leistungselektronik in Elektrofahrzeugen
• Elektrische Maschinen mit konzentrierten Wicklungen
• Explosionsgeschützte elektrische Antriebe, Motoren und Flurförderzeuge
• Ventilatoren
• Pumpenantriebe
• Auslegung von Elektromotoren und Umrichtern
• Magentwerkstoffe – Magenttechnik
• Magnetkreisberechnung
• Drehstromantriebe
• Minderung von Vibrationen und Geräuschen bei Elektromotoren
Themen wie Energieeffizienz und Ressourcenschonung sind heute wichtiger denn je – so auch im Bereich der Antriebstechnik. Die Seminare zum Thema Antriebstechnik zeigen, wie Sie Antriebe und diverse Bauteile so konzipieren, dass sie dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.
Elektromotoren und Motorenarten im Detail:
Elektrische Maschine
Die Klassifizierung von elektrischen Maschinen kann nach vielfältigen Kriterien erfolgen. Eins davon ist die Art der Erzeugung des magnetischen Felds innerhalb der Maschine (Gleichstrommaschine oder Drehfeldmaschine), die Speisung der Maschine (Gleichstrom, Wechselstrom oder Drehstrom), das grundsätzliche Drehzahl-Drehmoment-Verhalten (Reihenschluss- oder Nebenschlussverhalten) oder der Betrieb (geregelt, gesteuert oder netzgeführt). Ferner können die Baugröße, Leistungsabgabe oder Drehzahl für die Auswahl eines Antriebs entscheidend sein.
Gleichstrommaschine
Bei Gleichstrommaschinen wird der Rotor über Kommutatoren mit einem Gleichstrom bestromt. Im Stator liegt ein Gleichfeld an. Dieses kann durch Permanentmagnete oder eine bestromte Wicklung hervorgerufen werden. Bei sogenannten fremderregten Gleichstrommaschinen werden Rotor- und Statorwicklung mit unterschiedlichen Strömen gespeist, bei Reihenschlussmaschinen sind Rotor- und Statorwicklung in Reihe geschaltet. Durch die Fortschritte in der Leistungselektronik haben fremderregte Gleichstrommaschinen in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt, da die Ströme in den Wicklungen nahezu beliebig gestellt und damit eine Vielzahl von Betriebspunkten erreicht werden kann.
Drehfeldmaschinen
Als Drehfeldmaschinen werden diejenigen Maschinen bezeichnet, die im Luftspalt um ein umlaufendes magnetisches Feld verfügen, dessen Umlauffrequenz von der Frequenz des Statorstroms abhängt. Es wird unterschieden zwischen Synchronmaschinen, deren Rotor konstant sich mit der sogenannten synchronen Drehzahl dreht und Induktions- bzw. Asynchronmaschinen, deren Drehzahlen bei motorischem Betrieb unterhalb n0 liegen. Der Stator ist bei allen Drehfeldmaschinen aufgebaut aus einer Drehstromwicklung mit 2, 3 oder 5 Strängen. Die synchronen Drehzahl n0 der Maschine hängt von der Frequenz f1 des Statorstromes und der Anzahl der Polpaare p der Maschine ab: n0 = f1 p.
Synchronmaschinen verfügen im Rotor über ein Gleichfeld, welches durch eine Gleichstromwicklung oder einen Permanentmagneten hervorgerufen wird. Durch das Gleichfeld folgt der Rotor dem magnetischen Feld im Luftspalt synchron, woher sich auch der Name der Synchronmaschine ableitet. Bei Induktionsmaschinen wird unterschieden zwischen Käfigläufern, die im Rotor einen leitend verbundenen Käfig aus Aluminium oder Kupfer verfügen und Schleifringläufer, die über Schleifringe mit einem Drehspannungssystem gespeist werden. In den letzten Jahren ist die praktische Bedeutung von Schleifringläufern durch den sogenannten doppeltgespeisten Asynchrongenerator enorm gewachsen. Der doppeltgespeiste Asynchrongenerator wird vor allen im Bereich der Windenergie eingesetzt.
Bei beiden Unterarten der Induktionsmaschine bewirkt das umlaufend magnetische Feld im Luftspalt eine induzierte Spannung im Käfig bzw. der Wicklung im Läufer. Der durch die Spannung hervorgerufene Läuferstrom erzeugt seinerseits ein magnetisches Feld, welches dem Luftspaltfeld entgegenwirkt.
Leistungselektronik
Der Zweck leistungselektronischer Bauelemente ist die Umformung, Steuerung und Regelung elektrischer Energie. Damit stellen sie das Bindeglied zwischen Energieversorgung und Verbraucher dar. Die notwendigen Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen werden ebenfalls unter dem Begriff Leistungselektronik gefasst. Mit fortschreitender Entwicklung hat die Leistungselektronik einen immer größeren Anteil an der Energienutzung. Die Leistungselektronik hat sich aus der Stromrichtertechnik entwickelt und findet besonders in der Energietechnik und gerade im Bereich der Antriebstechnik Anwendung.
Bei der Umwandlung elektrischer Energie sind vier Grundfunktionen und die diese ausführenden Stromrichter zu unterscheiden:
Gleichrichten-> Umwandlung einer Wechselspannung in eine Gleichspannung -> Gleichrichter (steuerbar oder nicht steuerbar)
Wechselrichten –> Umwandlung eines Gleichstroms in einen Wechselstrom -> Wechselrichter (steuerbar oder nicht steuerbar)
Wechselstromumrichten -> Umwandlung einer Wechselspannung mit Frequenz f1 in eine Wechselspannung der Frequenz f2 ungleich f1 -> Wechselstromumrichter (auch kurz Umrichter genannt) können als Zwischenkreisumrichter, als Direktumrichter oder als Wechselstromsteller ausgeführt werden.
Gleichstromumrichten -> Umwandlung einer Gleichspannung in eine andere Gleichspannung anderer Spannungshöhe -> Gleichstromumrichter können als Zwischenkreisgleichstromumrichter oder als Gleichstromsteller ausgeführt werden.
In der Antriebstechnik übernimmt die Leistungselektronik die Aufgaben der Bereitstellung der elektrischen Spannung in für die Antriebsaufgabe benötigter Höhe und Frequenz. Die Regelung des Antriebs ist ebenfalls in der Leistungselektronik angelegt.
Quelle: Dipl.-Ing. Cornelia Stübig
Leibniz-Universität Hannover
Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik (IAL)
Fachgebiet Elektrische Maschinen und Antriebssysteme
Regelung von Elektromotoren (auch sensorslos) und Positionierung
Zum elektrischen Antrieb gehörig ist ferner die Regelung der Maschine. Aktuelle Entwicklun-gen für Positionieranwendungen oder zum möglichst sensorlosen Betrieb der unterschiedli-chen Maschinentypen, d.h. der Verzicht auf mechanische Positionsgeber, sind heute Gegen-stand der Arbeiten.
Als Stellglied im Regelkreis ist die Leistungselektronik wesentlicher Teil in den meisten Appli-kationen mit elektrischen Antriebssystemen. Die Elektronik ist grundsätzlich in der Lage, aus Gleichstrom einen Wechselstrom zu formen (Wechselrichter), oder umgekehrt (Gleichrichter). Ferner existieren (galvanisch trennende) Gleichstromsteller (DC-DC Wandler) und Frequenzumrichter. Letztere speisen sich z.B. aus dem einphasigen 230V/50Hz Netz und betreiben dreiphasige elektrische Drehfeldmaschinen bei variabler Drehzahl bzw. variabler elektrischer Frequenz. Mit neuen Wide-Bandgap Halbleitermaterialien für neue Leistungshalbleiter-Schalter (insbesondere SiC und GaN) können erhöhte Schaltfrequenzen und damit auch erhöhte Regelbandbreiten erreicht werden. Jüngste Forschungen und Entwicklungen erfolgen im Bereich der Aufbau- und Verbindungstechnik, jeweils mit Implikationen auf die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), Entwärmung und Bauvolumen. Elektrische Antriebssysteme wer-den so kompakter, langlebiger und damit kostengünstiger.
Neben Leistungselektroniken für Antriebssysteme beinhalten unsere Seminare ferner die Themen (resonante) DC-DC Wandler und die Energieübertragung mittels Hochspannungs-Gleich-stromübertragung (HGÜ – High-Voltage DC-Transmission HVDC).
Elektrische Antriebe - Linear-, Direkt- und Kleinantriebe
Die wirtschaftliche Bedeutung elektrischer Kleinantriebe (fractional horsepower drive), deren obere Leistungsgrenze bei etwa 1 kW liegt, ist erheblich.
Direktantriebe zeichnen sich durch eine möglichst weitgehende Vermeidung von mechanischen Übertragungselementen zwischen Motor und Arbeitsmaschine aus. Verschleiß, Geräusch, Wartungsaufwand und der Einfluss mechanischer Lose wird bei Direktantrieben deutlich verringert.
Die erhöhte Systemsteifigkeit bei Direktantrieben ermöglicht den Einsatz hoch dynamischer Regelungen für sehr genaue Positionieraufgaben, hohe Beschleunigung und dadurch verkürzte Taktzeiten. Die dafür entwickelten Sondermotoren zumeist mit Permanentmagneterregung zeichnen sich durch hohes Drehmoment (Torque-/Sektor-Motor) bzw. hohe Schubkraft (Linear-motor) aus. Die Umrichterspeisung gestattet platzsparende hochpolige Motorkonfigurationen, die eine anwendungsspezifische Optimierung des Gesamtantriebssystem ermöglichen.
Vor- und Nachteile von Direktantrieben
Beim Direktantrieb sind elektrische Maschine und Arbeitsmaschine direkt ("starr") miteinander verbunden; die Drehzahl (Geschwindigkeit) der elektrischen Maschine ist identisch mit jener der Arbeitsmaschine. Dies gilt sowohl für rotatorische als auch translatorische Energiewandler. Vor allem bei sehr niedrigen und sehr hohen Drehzahlen bzw. Geschwindigkeiten bewährt sich diese Technologie, das ein zwischengeschaltetes Getriebe (mechanische Übersetzungs-element) entfällt. Zumeist sind drehzahlveränderbare Antriebe im Fokus. Im Vergleich ist bei der konventionellen Antriebstechnik zwischen Motor und Arbeitsmaschine in diesen Fällen ein mechanisches Übersetzungselement erforderlich. Trotzdem hat man als Vorteile dieser konventionellen Technik das kostengünstige "Baukastensystem", bestehend aus Norm- oder Transnorm-Asynchronmaschine bei Netz- oder Umrichterspeisung und ausgereiften Getrieben. Zwecks Drehzahlanpassung bei Arbeitsmaschinen mit sehr KLEINEN Drehzahlen oder sehr HOHEN Drehzahlen sind aber bereits Sonderlösungen erforderlich.
Beim Direktantrieb entfällt das mechanische Übertragungselement "Getriebe" mit folgenden Vorteilen: Die Getriebekosten entfallen, es ist kein Öl erforderlich, was Vorteile für den Umwelt-schutz und "reine" Arbeitsprozesse bringt. Es bedarf einer geringeren Wartung (kein Ölwechsel), der Antrieb ist verschleißarm, es treten keine Getriebeverluste auf (Wirkungsgrad!), das Geräusch (z. B. Zahneingriffsfrequenz!) ist geringer, mechanische Lose ("Zähneklappern") entfallen, die Antriebsüberlastbarkeit wird erhöht, da die Dimensionierung des Getriebes nach dem hohen Stoßkurzschlußmoment des Motors erfolgen muss, und Dichtheitsprobleme (Öl-austritt) entfallen. Eine kompaktere Bauweise (daher volumensparend) ist möglich, die Bauteilezahl verringert sich, und es lässt sich eine leichtere Bauweise durch die Einsparung von Massen realisieren. Der Entfall mechanischer Übertragungselemente führt zu einer höheren mechanischen Steifigkeit des Systems, d. h. zu höheren mechanischen Eigenfrequenzen. So führen kurze Baulängen zu einer hohen Drillsteifigkeit. Bei hohen Drehzahlen führt der Einsatz von Schnellläufern zu hoher Leistung bei gleichem Bauvolumen ("Leistung aus Drehzahl"), so dass hohe Leistungsdichten möglich sind. Weiter ergeben sich durch den Entfall von Komponenten völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten: Der Anwender kann den Antrieb optimal in seine Arbeitsmaschine einbauen. Dadurch sind auch zusätzliche Funktionalitäten ohne großen Mehraufwand möglich (z. B. erhöhte Manövrierfähigkeit bei Schiffen durch Schraubendirektantrieb). Aber auch für geregelte Antriebe ergeben sich weitreichende Vorteile. Die höheren Eigenfrequenzen erlauben eine höhere Dynamik der Regler, was vor allem bei Servoantrieben von großer Bedeutung ist: Rascheres Anfahren der Position und genaueres Positionieren. Deshalb setzt sich bei Vorschubantrieben der Linearmotor gegenüber dem Kugelgewindeantrieb mehr und mehr durch.
Als "technische Treiber" für die Direktantriebestechnologie sind zu nennen: a) die moderne IGBT-Umrichtertechnik, die hohe Ausgangsfrequenzen bei hoher Leistung ermöglicht, b) die Technologie der Selten-Erd-Magnete mit hohem Energieinhalt, erträglichen Kosten und ausreichender Temperaturbeständigkeit bis etwa 150 °C (zumeist NdFeB). Ob die Technologie der Metallpulverpreßteile, die die Gestaltung dreidimensionaler flussführender Strukturen erlaubt und auch bei hohen Frequenzen relative kleine Wirbelstromverluste aufweist, wird die Zukunft zeigen. Speziell für Schnellläufer ist Technologie der Glasfaser- und Kohlefasertechnik für mechanisch hochwertige Befestigung von Oberflächenmagneten zwingend erforderlich, sowie neue Lagertechniken wie Keramikkomponenten in Hybridlagern oder die zukunftsweisende Technologie der Magnetlager.
Direktantriebe bei sehr hohen/sehr niedrigen Drehzahlen sind Spezialantriebe, deren Einsatz (Abweichen vom Baukastensystem) gerechtfertigt sein muss. Direktantriebe ermöglichen Kompaktbauweise, Bauteileinsparung, neue prozessoptimierte Antriebskonzepte bei gleichzeitiger Verbesserung von Betriebseigenschaften wie Wirkungsgrad, Wartungsaufwand, Systemdynamik, die ihren Einsatz rechtfertigen. Langsam- und Schnellläufer stellen zwei unterschiedliche Extremfälle des Direktantriebs dar, mit teilweise sehr unterschiedlichen Bemessungs- und Ein-satzmerkmalen. Dank der ständigen Weiterentwicklung von Werkstoffen, Umrichter- und Maschinenkonzepten werden Direktantriebe in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen.
(Quelle: Fachveranstaltung Direktantriebe, Prof. Binder, TU-Darmstadt)
Kleinantriebe, Kleinmotoren, Elektromotoren
Die wirtschaftliche Bedeutung elektrischer Kleinantriebe (fractional horsepower drive), deren obere Leistungsgrenze bei etwa 1 kW liegt, ist erheblich. Allein die rotierenden Kleinmotoren unter 750 W, d. h. weder Magnete und Linearmotoren noch Stromrichter und mechanische Übertragungselemente einbezogen, erzielten nach der Statistik des Verbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) 2005 mit geschätzten 2,49 Milliarden EURO einen höheren Produktionswert als alle anderen Produktgruppen der Antriebstechnik (gesamter Produktions-wert einschließlich Stromrichter für elektrische Antriebe ca. 6,76 Milliarden EURO). Das Bild 1.1 zeigt die Entwicklung des Produktionswertes von 1995 bis 2005. Darin sind entsprechend der ZVEI-Statistik Drehstrommotoren unter 750 W, die 2004 einen Produktionswert von 196 Millio-nen EURO erreichten, nicht berücksichtigt.
Eine Studie der Marktforscher von Frost und Sullivan rechnet für das Jahr 2006 mit einem Um-satz an Kleinstmotoren (Leistungen unter 700 W) für Europa in Höhe von 5,4 Milliarden Dollar, d. h. mit einer Steigerung gegenüber 1999 um fast 23 Prozent. Danach wird der Großteil der Kleinstmotorenumsätze in Deutschland erzielt. Während der Markt der Wechselstrommotoren zunehmend in Sättigung gerät, sind in steigendem Maße bürstenlose Motoren gefragt (siehe auch Abschnitt 2.2.1.1).
Kennzeichen elektromagnetischer Kleinantriebe ist die außerordentliche Vielfalt ihrer Einsatz-gebiete. Werden sie in Konsumgütern verwendet, sind bei zum Teil sehr großen Stückzahlen (> 1 Millionen Stück pro Jahr) die Fertigungskosten so gering wie möglich zu halten. Diese Gegebenheiten erfordern, dass kostengünstige Kleinantriebe (lowcost drives) nicht nur die elektromechanischen Bedingungen des speziellen Anwendungsfalles erfüllen, sondern auch konstruktiv möglichst gut sowohl an den anzutreibenden Mechanismus (Gerät) als auch an das wirtschaftlichste Fertigungsverfahren angepasst sein müssen. Typische Bedingungen sind zum Beispiel:
• keine überzogenen Anforderungen an Leistungsgewicht und Wirkungsgrad;
• Integration in Gerät bzw. Übernahme von Gerätefunktionen durch Motorteile (z. B. ist Motorlagerschild gleichzeitig ein Teil eines Pumpengehäuses);
• weitgehend automatische Fertigung in Großserie
Außer kostengünstigen Antrieben gibt es hochwertige Kleinantriebe (high-grade drives), deren Ausführungen durch besondere, oft extreme Anforderungen bestimmt werden:
• optimale elektromechanische und konstruktive Anpassung an das Gerät;
• Kleinserie: spanabhebende Bearbeitung, Zusammenfügen durch Schrauben, hochwertige Bauteile: Dynamoblech oder verlustarmes Spezialblech, Seltenerd-Magnete (SmCo, zuneh-mend NdFeB), Wälzlager;
• gegebenenfalls Vier-Quadranten-Betrieb;
• besondere Eigenschaften bezüglich Leistungsgewicht, Wirkungsgrad (geringer Energiebedarf, geringe Erwärmung), Drehzahl, Rundlauf, Gleichlauf, Dynamik (geringe mechanische und/oder elektrische Zeitkonstante), Positionierung, Überlastbarkeit, Lebensdauer, Robustheit, Wartungsfreiheit, Geräusch- und Schwingungsarmut, Elektromagnetische Verträglichkeit, Unempfindlichkeit gegenüber ungünstigen Umweltbedingungen (Temperatur, Schwingungen, Beschleunigungen, Druck, Verschmutzung (staub-, wasser-, gasdicht), elektrische und magnetische Felder).
Infolge dieser unterschiedlichen Bedingungen entwickelte sich im Laufe der Zeit eine fast unübersehbare Ausführungsvielfalt, die sich durch neuere Entwicklungen der Mikro- und Leistungselektronik sowie der Werkstoffe, und zwar insbesondere der Magnetwerkstoffe ständig erweitert.
Auszug aus:
Handbuch Elektrische Kleinantriebe
Herausgegeben von Hans-Dieter Stölting, Eberhard Kallenbach
Carl Hanser Verlag
ISBN 3-446-40019-2
Magnettechnik und Magnetwerkstoffe
Auf dem Gebiet der Hochleistungsmagnetwerkstoffe sind in den letzten Jahren wesentliche Weiter- und Neuentwicklungen entstanden, die in Form neuer weich- und hartmagnetischer Bauteile sowie in Induktivitäten und Magnetsystemen als Kern-materialien oder Schichtsysteme am Markt wirksam werden. Sie sind, wie in der Vergangenheit, auch heute häufig Ausgangspunkt wesentlicher Innovationsprozesse der Technik.
Die optimale Auswahl der Werkstoffe unter Beachtung der Anforderungen aus der spezifischen Anwendung erfordert zunehmend Kenntnisse zum mikrostrukturellen Konstruieren und damit zur Optimierung der Gefügeeigenschaftsbeziehungen. Auf deren Grundlage werden dann die Berechnungen magnetischer Kreise und der Bauteilgeometrien vorgenommen, die günstigste Auslegungen elektrischer und elektronischer Schaltungen zulassen. Die Haupteinsatzgebiete der neuen Werks-toffe finden sich in der Antriebstechnik (Direktantriebe, Kleinmotoren, Kleinantriebe, Mikroantriebe, Positionierantriebe, Präzisionsantriebe) der Sensortechnik (RFID) und der Speichertechnik (Speicherung von Daten). Wichtige Begriffe in diesem Um-feld sind magnetische Werkstoffe, Werkstoffe auf Ni-Fe Basis, Amorphe und nano-kristalline Werkstoffe, weichmagnetische Werkstoffe, magnetoresistive Schichtsysteme, hartmagnetische Werkstoffe, hartmagnetische Ferritwerkstoffe, Seltenerd-Magnetwerkstoffe, polymergebundene Werkstoffe, Messverfahren für weichmagnetische und hartmagnetische Werkstoffe. Ein Seminar zum thema Magnettechnik – Magnetwerkstoffe behandelt diese Themen ausführlich.
„3 Fragen an…“ – Kurzinterview mit Dr. rer. nat. Jörg Petzold zum Seminar "Magnet-werkstoffe für technische Anwendungen"
Kraftvolle Dauermagnete enthalten heute allesamt so genannte Seltene Erden. Um die Abhängigkeit von diesen Import-Metallen zu verringern, entwickeln deutsche Forscher Magnete, die ohne sie auskommen. Welche Auswirkungen wird dies aus Ihrer Sicht auf den Markt haben?
Aktuelle Magnetentwicklungen zielen in erfolgreicher Weise auf eine Reduzierung des SE-Gehaltes (speziell Dy undTb) in den Hochleistungsdauermagneten mit dem Ziel, die bisherigen Energiedichten und Koerzitivfeldstärken beizubehalten.
Basisentwicklungen in Richtung völlig SE-freier Hartmagnete (z. B. nanostrukturierte FeCo – Werkstoffe oder neue Heusler-Verbindungen) sind noch nicht abgeschlossen. Inwieweit damit die Performance existierender SE-Qualitäten erreicht werden kann ist noch offen. Niedrigere Energiedichten (wie z. B. bei Hartferriten) führen in der Anwendung grundsätzlich zur Volumen- und damit auch Gewichtserhöhung.
Ohne Hochleistungsdauermagnete müssen die existierenden Anwendungen (Maschinen, Generatoren, Aktoren usw.) vollkommen neu ausgelegt werden und würden auf jeden Fall größer, schwerer und letztendlich teurer und hätten kleinere Wirkungsgrade. Damit würden z. B. die Autos mit ihren vielen Hilfsaggregaten deutlich schwerer, was wiederum ökologische Konsequenzen hätte. Elektroautos würden vermutlich wieder von der Bildfläche verschwinden, usw.
Alternativ müsste man auf liebgewonnenen Komfort verzichten. Auf jeden Fall würden reduzierte Wirkungsgrade bei gleichbleibendem Lebensstandard zu stark erhöhtem Energieverbrauch mit allen Konsequenzen und letztlich zu höheren Kosten führen.
Wo sehen Sie die Herausforderungen?
Die Herausforderungen sehe ich im weiteren Abmagern der SE-Gehalte bis an die grundsätzliche Minimalgrenze unter Beibehalt der bestehenden Performance, der Weiterführung der Entwicklungen in Richtung SE-freier Hochleistungsdauermagnete mit erhöhter Koerzitivfeldstärke und Energiedichte mittels nanostruktureller Optimierung, im verbesserten und effektiveren Recycling bestehender SE-Komponen-ten sowie bei der anwendungstechnischen Grundlagenentwicklung zur Reduzierung des Bedarfs an Hochleistungsdauermagneten in der Anwendung (Motoren, Generatoren etc.) bei gleichbleibendem oder gar höherem Wirkungsgrad.
Wie aufwändig ist der Abbau solcher Rohstoffe (Seltener Erden) wie etwa Neodyn?
Der Schwerpunkt des derzeitigen Abbaus der SE-Erze findet per Tagbau in China statt und ist grundsätzlich gut realisierbar. Aufwändiger gestaltet sich dagegen die alternative Erschließung z.B. von Lagern unter dem Meeresboden im Pazifischen Ozean unweit Hawaii und Tahiti.
Die Wirtschaftlichkeitsfrage stellt sich allerdings aufgrund der lagerstättenabhängigen Zusammensetzung der SE-Erze. Diese bestehen immer aus einem mehr oder weniger komplexen Gemisch verschiedener SE-Metalle, die in aufwändigen Trennungsgängen voneinander zu isolieren sind. Die dabei gewonnenen Metalloxide müssen dann über Elektrolyse und Vakuumsreduktionsverfahren zu möglichst reinen Metallen weiterverarbeitet werden.