Mit dem Seminar „Wärmepumpen in Neubau- und Bestandsobjekten“ hat das HDT ein Thema aufgegriffen, das bereits für einen regelrechten Boom sorgt und künftig eine noch größere Rolle spielen könnte. Mittels Neuinstallation und Umrüstung bestehender Heizungsanlagen auf die energieeffiziente und nachhaltige Form der Wärmeerzeugung lassen sich Treibhausgasemissionen ganz wesentlich reduzieren. Derzeit ist der Gebäudesektor noch für rund ein Drittel des Kohlendioxid-Eintrags in die Atmosphäre verantwortlich.
Mit HDT-Veranstaltungsleiter Oliver Buchin sprachen wir im Vorfeld des Seminars über das Potenzial der Technik und die planerischen Besonderheiten. Der Diplom-Ingenieur ist Mitbegründer des Berliner Unternehmens Delta Heat, das sich zum Ziel gesetzt hat, mithilfe des möglichst effizienten Einsatzes von Wärmepumpen zur Beschleunigung der Energiewende respektive Wärmewende beizutragen.
HDT-Journal: Herr Buchin, die Wärmepumpe wird hier und da als „Wundermittel gegen den Klimawandel“ gehandelt. Nun werden wir wohl gemeinsam fest auf dem Boden thermodynamischer Tatsachen stehen. Was macht für Sie den Reiz dieser Technik aus?
Oliver Buchin: Durch die Thermodynamik verstehen wir den Klimawandel und sie zeigt uns, dass wir unsere Energieinfrastruktur umbauen müssen, gerade im Bereich der Gebäudeheizung. Wärmepumpen können mit erneuerbarem Strom am effizientesten die Heizungswärme bereitstellen. Die Wärmepumpentechnologie umgibt uns im Alltag seit Jahren in Form von Kühlschränken, Klima- und Kälteanlagen und nun auch im Bereich der Heizungswärmepumpen. Es ist also eine etablierte Technologie. Der Reiz beziehungsweise die Herausforderung bei der Heizungswärmepumpe liegt darin, das gesamte System inklusive Gebäude und Heizkörper zu verstehen und zu optimieren. Dabei hilft die Thermodynamik dann auch wieder.
HDT-Journal: Soll der Umweltnutzen möglichst groß sein, darf der Strom für Wärmepumpen nicht aus konventionellen Kraftwerken stammen. Auf was muss darüber hinaus geachtet werden, damit die Effizienz einer Anlage gewährleistet ist?
Oliver Buchin: Aktuelle Studien zeigen, dass Wärmepumpen auch im bisherigen Strommix in vielen Fällen eine bessere Umweltwirkung haben als fossile Heiztechnologien. Und sie werden mit einem Zubau an erneuerbaren Kraftwerken automatisch besser. Anders als bei bisherigen Verbrennungstechnologien ist die Effizienz der Anlage sehr viel stärker vom Temperaturniveau des Systems abhängig. Darauf wurde in der Vergangenheit kein großer Wert gelegt, deshalb ist gerade die Integration von Wärmepumpen in Bestandsgebäude anspruchsvoller. Heizkörper, Speicher und Regler haben einen großen Einfluss auf die Effizienz der Anlage. Zudem ist die Wahl der Wärmepumpe (WP), zum Beispiel Sole-Wasser-WP, Luft-Wasser-WP oder Wasser-Wasser-WP, entscheidend.
HDT-Journal: Im HDT-Seminar zeigen Sie auf, wie sich durch weitere Technologien die positive Wirkung von Wärmepumpen verstärken lässt. Welche Kombinationen kommen hier infrage?
Oliver Buchin: In vielen Gebäuden ist die Wärmepumpe nur ein Teil des Energiesystems, welches auch Photovoltaik, Solarthermie, Pelletkessel oder auch Bestandskessel umfasst und gegebenenfalls auch Abwärme aus Lüftungsanlagen oder Kälteanlagen berücksichtigt. Die Kombination von unterschiedlichen Technologien sollte jeweils individuell ausgewählt werden. Dabei, das zeigen unsere Erfahrungen, sind komplexere Systeme im realen Betrieb nicht automatisch effizienter.
HDT-Journal: Welche zusätzlichen Herausforderungen ergeben sich gegenüber Neubauprojekten beim Thema Nachrüsten im Bestand?
Oliver Buchin: In Bestandsanlagen sollte aus wirtschaftlichen Überlegungen und natürlich auch mit Blick auf die bereits vorhandenen Ressourcen ein Großteil der verbauten Wärmeversorgungsinfrastruktur weiter genutzt werden. Jedes Gebäude hat zudem sehr individuelle Anforderungen. Wenn man diese kennt, dann kann man auch pragmatische Konzepte entwickeln, die wirtschaftlich sind und die CO2-Emissionen stark senken.
HDT-Journal: Sehen Sie in Bezug auf die Förderung politischen Handlungsbedarf oder sind die Rahmenbedingungen ausreichend?
Oliver Buchin: Es muss gerade viel Geld investiert werden, um die Infrastruktur für diese neue Heiztechnologie aufzubauen. Selbstverständlich sind die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen bei diesem Prozess wichtig. Entscheidend sind aus meiner Sicht neben der finanziellen Förderung der Wärmepumpe auch die Schulung und Verfügbarkeit des Fachpersonals, die Preisgestaltung der fossilen Alternativen und der Abbau von bürokratischen Hürden. Viele Rahmenbedingungen ändern sich mit den neusten Gesetzesentwürfen, mit Sicherheit gibt es aber auch zukünftig noch weiteren politischen Handlungsbedarf.
HDT-Journal: Herr Buchin, wir danken Ihnen für die interessanten Einblicke.
Die Fragen stellte Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal