Die Zahl der Beschäftigten, die hierzulande Anwendungen künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz nutzen, steigt immer weiter an, während die Kluft zwischen Berufsgruppen und unterschiedlichen Bildungsniveaus bestehen bleibt. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie von Forschenden des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz. Ohne Förderung von außen drohe eine digitale Spaltung, heißt es seitens der Studienautoren.
KI-Nutzung bislang kein flächendeckendes Massenphänomen
Ankündigungen bekannter globaler Unternehmen, aufgrund des Einsatzes von KI demnächst Stellen abzubauen, lassen regelmäßig aufhorchen. Was die KI-Nutzung in Deutschland betrifft, kann trotz der rasanten technologischen Fortschritte bislang nicht von einem flächendeckenden Massenphänomen gesprochen werden. Das zeigt auch die zweite Konstanzer KI-Studie. Ihr zufolge ist der Anteil der Beschäftigten, die KI in ihrem Arbeitsalltag einsetzen, im Vergleich zum Vorjahr zwar um 11 Prozentpunkte gestiegen, liegt aber insgesamt erst bei 35 Prozent.
Zugleich beweist die Studie, dass die Unsicherheit weiter hoch ist. So kann ein Drittel der Beschäftigten nicht einschätzen, wie sich KI künftig auf die eigene Arbeit auswirken wird. Viele nehmen die Gefahren für den Arbeitsmarkt im Allgemeinen wahr, beziehen diese aber weniger auf ihre persönliche Arbeitssituation. Während fast die Hälfte gravierende Risiken für den gesamten Arbeitsmarkt durch Automatisierung sieht, befürchten nur 20 Prozent den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes.
Nutzungszuwachs in wissensintensiven Berufen am stärksten
Besonders schnell nimmt der Einsatz von KI in wissensintensiven Tätigkeiten zu. Innerhalb von IT, Verwaltung oder Forschung nutzt inzwischen knapp die Hälfte der Beschäftigten entsprechende Anwendungen (45 Prozent – ein Zuwachs von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr). Demgegenüber fällt der Zuwachs in produktionsnahen und handwerklichen Berufen deutlich geringer aus (21 Prozent beziehungsweise 17 Prozent im Vorjahr).
Die Studie verdeutlicht, dass KI derzeit als Verstärker bestehender Ungleichheiten am Arbeitsmarkt wirkt. Ebenso zeigen sich in der Einstellung zu den Chancen von KI deutliche Unterschiede: 43 Prozent der Beschäftigten in Büro- und Wissensarbeit erwarten positive Effekte für ihre Arbeit. In Bereichen manueller Tätigkeiten sagen das lediglich 24 Prozent.
Drohende dauerhafte digitale Spaltung
Beschäftigte mit höheren Bildungsabschlüssen verwenden KI dreimal häufiger als andere. Auch steige die Bereitschaft zur Weiterbildung im Umgang mit KI besonders unter Beschäftigten mit höherem Bildungsniveau, heißt es. Carolina Opitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt, erklärt: „Wer bereits privilegiert ist, profitiert stärker von den Chancen der Technologie. Ohne gezielte politische oder betriebliche Unterstützung droht eine dauerhafte digitale Spaltung des Arbeitsmarkts.“
Aufschlussreich sind überdies die Findings im Hinblick auf die Organisationsebene. Gegenüber den Beschäftigten, die sich zunehmend mit KI auseinandersetzen, verläuft der Wandel hier weit langsamer. Vor allem kleine Unternehmen investieren offenbar nur sehr wenig in Weiterbildung oder klare Kommunikationsstrategien zur Nutzung von KI. Größere Betriebe zeigen mehr Initiative – doch das Gesamtniveau bleibt ebenfalls niedrig.
„Es besteht die Gefahr, dass sich abgehängte Organisationen herausbilden, in denen der technologische Wandel kaum ankommt und Beschäftigte dauerhaft schlechtere Entwicklungschancen haben“, betont Florian Kunze, Leiter der Studie und Professor für Organizational Behavior an der Universität Konstanz. „Das Risiko einer wachsenden sozialen Spaltung erfordert gezielte Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen.“
Weitere Informationen:
Universität Konstanz
www.uni-konstanz.de
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Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.