Neue biobasierte Klebstoffe, die sich entkleben lassen

Das größte Problem beim Kleben ist, wenn sich Dinge im falschen Moment wieder lösen. Das zweitgrößte Problem ist, wenn sie sich nicht mehr lösen lassen, trotzdem es erforderlich wäre. Reversible Verbindungen aber würden die Reparaturfreundlichkeit und Recyclingfähigkeit beispielsweise von Elektronikprodukten oder Haushaltsgeräten stark befördern. 

Im Projekt BIOVIN haben das Leibniz-Institut für Katalyse e. V. (LIKAT) und die Henkel AG & Co. KGaA jetzt neue Synthesebausteine für innovative, biobasierte Klebstoffe hergestellt, die sich wieder „entkleben“ lassen. Die Basis bilden Kohlehydrate und Pflanzenöle. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.

Kostengünstige Herstellung möglich

Dem Forscherteam gelang die kostengünstige Herstellung neuer Diole und Polyole aus kommerziell verfügbaren, biobasierten Plattformchemikalien. Mit diesen Zwischenprodukten verfolgte man zwei Ansätze: Zum einen wurden die Polyole als Reaktivkomponenten in Polyurethanklebstoffen getestet. Die entstandenen Polyesterpolyole zeichneten sich durch ähnliche Eigenschaften und Kennzahlen wie vergleichbare petrochemische Verbindungen aus. Zum anderen wurden die Diole und Polyole zu neuen, biobasierten, multifunktionellen Divinylethern (DVE) verarbeitet. 

Das LIKAT entwickelte eigens eine katalytische Synthesemethode, die es ermöglicht, nahezu jedes biobasierte Polyol oder Phenol in einen Vinylether umzuwandeln. Der Prozess ist mit einer Ausbeute von bis zu 98 Prozent und einer deutlich geringeren Bildung unerwünschter Beiprodukte selektiver, effizienter und umweltfreundlicher als das bisher bedeutendste kommerzielle Verfahren. Forschungsbedarf besteht noch bei der Suche nach einem effizienten und preisgünstigen Katalysator.

Neue Klebstoffformulierung ist Alternative zu kommerziell erfolgreichen Acrylatsystemen

Aus den Vinylethern stellten die Forscherinnen und Forscher neue Klebstoffformulierungen her, die eine Alternative zu den kommerziell sehr erfolgreichen Acrylatsystemen sein könnten. Es zeigte sich, dass sie bei ähnlichem Aushärteverhalten schlechter auf Metallen, aber besser auf Kunststoffen haften. Als weitere Pluspunkte kamen ihre niedrigere Toxizität, der angenehmere Geruch und der Ursprung aus nachwachsenden Rohstoffquellen hinzu.

DVE stellten zudem die Basis für Klebstoffe dar, die sich durch Hitze, Licht oder Säure gezielt wieder „entkleben“ lassen. Solche spaltbaren Verbindungen könnten die Kreislaufwirtschaft unterstützen. Im Vorhaben BIOVIN wurden für dieses Ziel insgesamt 14 verschiedene Prepolymere aus DVE und biobasierten, kommerziell verfügbaren Dicarbonsäuren hergestellt. Additive oder Katalysatoren und größtenteils auch Lösungsmittel waren dabei verzichtbar. Die Entklebung gelang bei milden Versuchsbedingungen sowohl durch thermische als auch durch chemische Spaltung und wurde durch spektroskopische Untersuchungen nachgewiesen. 

Auch wenn es noch weiteren Optimierungsbedarf gibt, zeigen die entwickelten Prepolymere bereits ihr enormes Potenzial für neue, recyclingfreundliche Klebstoffsysteme. Henkel sieht in den aus BIOVIN hervorgegangenen Vinylether-basierten Polymeren Eigenschaftsvorteile, die sich zur Entwicklung marktfähiger Klebstoffprodukte eignen. Das Unternehmen führt derzeit verschiedene Prototypentests durch, um Anpassungen an ein größeres Materialspektrum zu erzielen. 

Weitere Informationen:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
www.fnr.de 

Bildhinweis:
Unser Titelbild zeigt ein Modell des Zeolith-Katalysators. Die schwarzen Kugeln stehen für Silizium- oder Aluminiumatome (auf rund 9 Siliziumatome kommt ein Aluminiumatom), die durchsichtigen Verbindungsstücke enthalten je ein Sauerstoffatom als Brücke. © Mahir Dzambegovic / Paul Scherrer Institut PSI

 

Tags: Kleber, Chemie
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