Humanoide Roboter kommen und verändern Arbeitswelt und Alltag, liest man immer öfter. Und tatsächlich konnten in der letzten Zeit zahlreiche große Hürden überwunden werden, die Forschenden jahrzehntelang Probleme bereitet haben. Doch es gibt noch einen weiteren wichtigen Trend, der vielfach zum Gamechanger werden könnte: Shapeshifting Robotics.
Die Entwicklung von Robotern, die ihre Form an den jeweiligen Zweck und die Umgebung anpassen, macht Fortschritte und beschäftigt etwa hierzulande das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS).
Echtzeit-Formwechsel an Ort und Stelle
Humanoide Roboter sind nicht zuletzt deshalb so vielversprechend, weil wir unsere Umwelt weitgehend an das menschliche Maß angepasst haben. Für unzählige Anwendungsfälle benötigt man allerdings wesentlich kleinere, filigranere „Helferlein“, am besten im Sinne der Shapeshifting Robotics, das heißt mit der Fähigkeit, die eigene Form den Gegebenheiten anzupassen.
Der Use Case einer minimalinvasiven, bildgesteuerten Behandlung von Gefäßerkrankungen schwebt beispielsweise den Forschenden des MPI-IS im Zusammenhang mit ihrer Entwicklung eines Matroschka-ähnlichen Roboters vor. Bei dem jüngst vorgestellten System handelt es sich um einen Stapel kleiner, biegsamer und magnetischer Röhren, der sich in Echtzeit und an Ort und Stelle umprogrammieren beziehungsweise -konfigurieren lässt.
Beispiellose Formveränderungsfähigkeiten
Der neue Roboter erreicht mittels Neuanordnung und Neukombination der Magneteinheiten jedes Röhrchens bislang beispiellose Formveränderungsfähigkeiten, zum Beispiel von einem geraden Röhrchen zu einer Helix. Das Prinzip lässt sich zudem auf zwei- und dreidimensionale Konstruktionen ausweiten. Prof. Dr. Metin Sitti, der das Forschungsprojekt am MPI-IS leitete, ist der Auffassung, dass der von seinem Team entwickelte Schlauchstapel auch der Anstoß zu einer neuen Katheter-Technologie sein kann.
„Obwohl es sich hierbei um Grundlagenforschung handelt, sehen wir großes Potenzial, dass unsere Forschung in naher Zukunft in die Praxis umgesetzt werden kann“, erklärt Sitti. Durch das Anpassen des Magnetisierungsprofils des Katheters in Echtzeit an den vor ihm liegenden Weg ließen sich Reibung und Kontakt erheblich reduzieren oder ganz vermeiden. Das würde Schäden an empfindlichem Gewebe minimieren und vaskuläre Eingriffe sogar zu einer Option machen für Menschen höheren Alters oder mit fragilen Gefäßen.
Weitere Informationen:
Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme
www.is.mpg.de
Bildhinweis:
Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.