Was Rohre und Rohrleitungen angeht, befassen wir uns normalerweise damit, was im Sinne des Umwelt- und Gewässerschutzes respektive der Gefahrstoffverordnung durch sie hindurchfließt – und ob sie sicher und normgerecht konstruiert und verschweißt sind. „Hinsichtlich einer ganzheitlichen Betrachtung, welche sämtliche Umweltaspekte einschließt, verdient aber ebenso die Frage Beachtung, woraus die einzelnen Rohre gemacht sind“, erklärt HDT-Journal-Chefredakteur Michael Graef. „Und das obwohl ein bedeutender deutscher Staatsmann einmal behauptet hat, das Entscheidende sei, was hinten rauskommt.“
Mit eben diesem ökologisch relevanten Gesichtspunkt der Wahl des Materials hat sich jetzt das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT auseinandergesetzt und eine Ökobilanzierung für Abwasserrohrleitungen aus (Stahl-)Beton erstellt. Zudem verglich man die Umweltwirkungen von der Gewinnung der benötigten Rohstoffe bis zum Recycling von Entwässerungssystemen aus (Stahl-)Beton mit Rohrleitungen aus Kunststoffen.
Betonrohre gewinnen – unter einer Bedingung
In ihrer vergleichenden Ökobilanzierung ermittelte das Forscherteam von Fraunhofer UMSICHT den CO2-Fußabdruck von Abwasserrohren aus (Stahl-)Beton und vier verschiedenen Kunststoffarten (Glasfaserverstärkter Kunststoff, Polyvinylchlorid, Polyethylen und Polypropylen) über alle verfügbaren Durchmessergrößen. Für den Werkstoffvergleich wurden kommerzielle und öffentlich einsehbare Umweltdaten verwendet und auf eine angenommene Lebensdauer von 100 Jahren bezogen.
Berücksichtigt wurden der Energie- und Ressourcenverbrauch für die Herstellungs-, Errichtungs- und Nutzungsphase einschließlich des späteren Recyclings von Abwasserkanalrohren. Die Ergebnisse der Ökobilanzierung für ein Cradle-to-Gate-Szenario (von der Rohstoffgewinnung bis zum Werktor) zeigen: Während der Unterschied zwischen den Werkstoffen im kleinen Nennweitenbereich von 300 Millimeter Innendurchmesser nur gering ist, sind Betonrohre ab einer Nennweite von 400 Millimeter Innendurchmesser vorteilhafter als die bekannten Alternativen aus Kunststoff.
Weitere Vorteile von Betonrohren
Verglichen mit Stahlbetonrohren besitzen Rohrleitungen aus Beton zusätzlich Vorteile beim CO2-Fußabdruck. Das Forscherteam hat allerdings Unterschiede in Bezug auf die Lebensdauer beider Materialien unberücksichtigt gelassen. Bezieht man darüber hinaus die Entsorgung der Rohre mit ein, zeigen Betonrohre genauso wie Stahlbetonrohre deutliche Vorteile gegenüber Kunststoffrohren.
„Dies liegt daran, dass Kunststoffrohre vermutlich nur thermisch verwertet – also verbrannt werden – können. Betonrohre könnten teilweise für die Herstellung neuer Betonfertigteile genutzt sowie als gebrochenes Material, beispielsweise im Straßenbau, weiterverwendet werden“, kommentiert Dr. Daniel Maga, Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation von Fraunhofer UMSICHT. Nach der Weiterverwendung findet eine Karbonatisierung von Beton statt, sodass zusätzlich CO2 gebunden wird. Dieser Effekt wurde aufgrund der Unsicherheit der Daten jedoch nicht berücksichtigt, so die Verantwortlichen.
Weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
www.umsicht.fraunhofer.de
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