Rettungsroboter: Sie kamen, sahen und halfen – Interview

Es mag manche Aspekte geben, die im Hinblick auf die gegenwärtigen Fortschritte bei Robotern und künstlicher Intelligenz beunruhigen. Was jedoch die Gefahrenabwehr und das Rettungswesen betrifft, stellen die neuen Technologien einen Segen dar, weil sie Einsätze ermöglichen, wo es für menschliche Retter zu riskant wäre. Frühzeitig hat man sich beim HDT des Themas Rettungsrobotik angenommen und leistet über den Know-how-Transfer einen Beitrag, damit entsprechende Rettungsroboter und Drohnen möglichst effektiv und nutzbringend eingesetzt werden können. 

Über Chancen, Herausforderungen und neu entstandene beziehungsweise entstehende Weiterbildungsbedarfe sprachen wir mit dem verantwortlichen HDT-Fachbereichsleiter Dipl.-Ing. Kai Brommann.

HDT-Journal: In vielen Bereichen tut sich lange Zeit scheinbar nur sehr wenig, dann plötzlich ist die Zukunft da. So ähnlich verhält es sich auch bei der Rettungsrobotik. Welche technologischen Sprünge machen Sie dafür verantwortlich, dass der Einsatz von Rettungsrobotern inzwischen immer alltäglicher wird?

Kai Brommann: Zu allererst wurde die Entwicklung heutiger Rettungsroboter durch Fortschritte in der Robotik selbst möglich. Das Manövrieren war lange ein Problem. Hinzu kommen moderne Sensoriken wie Wärmebildkameras und Lidar, die es zum Beispiel erlauben, Menschen zwischen Trümmern oder in anderen schwer zugänglichen Bereichen zu entdecken. Wobei zum Entdecken auch das Erkennen gehört. Hier kommen künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen ins Spiel. Durch sie gelingt es Robotern zugleich, komplexe Umgebungen zu erfassen. Die heutigen Technologien im Bereich der Navigation spielen natürlich ebenfalls eine wesentliche Rolle.

HDT-Journal: Könnten Sie unserer Leserschaft ein typisches Beispiel nennen, bei dem der Einsatz von Rettungsrobotern einen signifikanten Unterschied gemacht hat?

Kai Brommann: Ohne jetzt auf ein konkretes einzelnes Ereignis einzugehen, ist ein typisches Einsatzbeispiel die Nutzung von Drohnen zur Lokalisierung von Personen nach Naturkatastrophen. Drohnen können sehr schnell und ohne besonderen Aufwand große Gebiete überfliegen und mit ihren Kameras und Sensoren Menschen aufspüren. Jeder kennt das aus den Nachrichten: Nach Erdbeben oder Überschwemmungen zählt jede Minute. Die neue Technologie bietet hier unschätzbare Vorteile.

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HDT-Journal: Mit welchen Herausforderungen sind Einsatzteams bei der Nutzung von Rettungsrobotern konfrontiert?

Kai Brommann: Denken Sie zum Beispiel an die Navigation in unstrukturierten oder verwüsteten beziehungsweise zerstörten Umgebungen. Also beispielsweise in besagten, von Naturkatastrophen heimgesuchten Gebieten mit zerstörter Infrastruktur. Traditionelle Bewegungs- und Navigationsmethoden scheitern hier oft. Wichtig ist daher die Gewährleistung einer robusten Kommunikation zwischen Robotern und Einsatzteams. Zudem müssen Rettungsroboter so konstruiert sein, dass sie eine Vielzahl von Hindernissen überwinden können, ohne dass sie dabei Schaden nehmen.

HDT-Journal: Sie haben die Kommunikation zwischen Mensch und Roboter angesprochen. Wie sieht diese konkret aus – und wie wird sichergestellt, dass sie effektiv und sicher erfolgt?

Kai Brommann: Rettungsroboter sind in der Regel so konzipiert, dass sie menschliche Retter lediglich ergänzen, indem sie Aufgaben übernehmen, die für Menschen zu gefährlich wären. Zu diesem Zweck sind sie mit zahlreichen Schnittstellen ausgestattet, die es den Einsatzkräften ermöglichen, ihre Aktionen zu überwachen und bei Bedarf einzugreifen. Hier ist zu unterscheiden zwischen grafischen Benutzeroberflächen (GUIs), Sprachsteuerungen und zunehmend auch Lösungen, die auf Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) setzen. Aufgrund der schnellen Entwicklung auf diesem Gebiet darf man für die Zukunft der Rettungsrobotik noch sehr viel erwarten.

HDT-Journal: Wagen Sie einen Ausblick?

Kai Brommann: Eine spannende Vision ist der Einsatz von Schwärmen aus autonomen Robotern, die in gefährlichen Gebieten zusammenarbeiten, um Menschen zu finden und zu retten. Weiterhin könnten Fortschritte in der sogenannten weichen Robotik dazu führen, dass Rettungsroboter sich durch noch engere Räume beziehungsweise Öffnungen bewegen können, ohne dass sie die zu rettenden Personen verletzen oder selbst stecken bleiben. Große Hoffnungen setzt man außerdem unter anderem auf Verbesserungen bei den Batterien, um längere Einsatzzeiten zu ermöglichen.

HDT-Journal: Zurück zum Hier und Jetzt. Noch haben wir es offenbar nur mit einer Teilautonomie zu tun, weshalb die Frage ins Zentrum rückt, wie menschliche Retter möglichst effektiv mit Rettungsrobotern zusammenarbeiten und die komplexe Technik beherrschen können.

Kai Brommann: Ganz genau. Hier kommt es auf die Ausbildung und Unterweisung der Einsatzkräfte an. Sie müssen in der Bedienung und den Fähigkeiten der Rettungsroboter genauestens geschult werden, um deren Potenzial voll ausschöpfen und sicher mit ihnen arbeiten zu können. Dazu gehört das Verständnis der Steuerung, der Interpretation von Daten, welche die Roboter liefern, und der Koordination zwischen menschlichen Teams und Robotern. Das betrifft nicht zuletzt den Bereich der Gefahrenabwehr. Auch hier hat die Reise eben erst begonnen …

HDT-Journal: Herr Brommann, wir danken Ihnen für die spannenden Ausführungen.

Die Fragen stellte Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal

Bildhinweis:
Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.

Tags: Interview
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