Studiengang „Medizinische Radiologietechnologie“: Bilanz einer Organisatorin und Absolventin

Mit der Einstellung des berufsbegleitenden Bachelorstudiengangs „Medizinische Radiologietechnologie“ (B. Sc.) ging am 30. Juni 2025 eine Ära zu Ende. Ein Gastbeitrag von Jenny Kloska.

Einleitung

Am 30.06.2025 endete offiziell ein bedeutendes Kapitel akademischer Fachweiterbildung eines Gesundheitsfachberufes: Der berufsbegleitende Bachelorstudiengang „Medizinische Radiologietechnologie“ (B. Sc.) wurde eingestellt – nach fast zehn Jahren, zahlreichen engagierten Jahrgängen und vielen Erfolgen. Für mich persönlich – als eine der ersten Absolventinnen des Startjahrgangs, langjährige Koordinatorin und Mitinitiatorin – markiert dieser Abschied weit mehr als das Ende eines Studienformates: Er steht für den Abschluss einer bildungspolitischen Idee, die über Jahre mit Überzeugung getragen wurde.

Entstehung und Zielsetzung

Die Idee für den Studiengang entstand 2010 im Haus der Technik (HDT) in Essen, getragen vom Wunsch, die Ausbildung Medizinischer Technolog:Innen für Radiologie (MTR) auf ein akademisches Niveau zu heben – analog zu internationalen Standards. Deutschland war (und ist) eines der wenigen Länder Europas, in dem die Radiologietechnologie noch nicht grundsätzlich akademisiert ist.

Gemeinsam mit der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, als abschlusserteilender Institution, wurde der Studiengang 2014 akkreditiert. Die Durchführung übernahm zunächst das HDT, später – nach einer umfassenden Reakkreditierung 2019 – die Technische Akademie Wuppertal (TAW), die den Studiengang bis 2025 am Standort Bochum weiterführte.

Die Zielgruppe des Studienganges umfasste in erster Linie examinierte MTR sowie Medizinische Fachangestellte (MFA) mit einschlägiger Erfahrung in der Radiologie und Hochschulzugangsberechtigung. Das Studienkonzept war bewusst berufsbegleitend gestaltet: Präsenzveranstaltungen fanden im zweiwöchentlichen Rhythmus an Wochenenden statt, ergänzt durch Selbstlernphasen und praxisorientierte Module. Diese flexible Struktur ermöglichte es den Studierenden, ihr Studium optimal mit den Anforderungen ihrer Tätigkeit in Klinik oder Praxis zu vereinbaren.

Aufbau und Inhalte

Das Curriculum orientierte sich konsequent an den Anforderungen moderner bildgebender Diagnostik. Examinierte MTR erhielten umfangreiche Anrechnungen (7 Module = 56 Credit Points (CP)) und konnten das Studium auf fünf Semester verkürzen. Für Quereinsteiger:innen mit medizinischem Hintergrund dauerte das Studium acht Semester (vgl. Abb. 1).

Schwerpunkte des Studiums:

  • Medizinische Grundlagen (Schnittbild-Anatomie, Physiologie, Pathologie)
  • Physik, Mathematik, Informatik (speziell Bildverarbeitung in der Radiologietechnologie)
  • Medizintechnologie und Anwendung (Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall, Molekulare Bildgebung und Hybridtechnologie)
  • Strahlenschutz und Dosimetrie (inkl. Erwerb der Fachkunde für Nicht-MTR)
  • Wissenschaftliches Arbeiten und aktuelle Themen der Radiologietechnologie
  • Krankenhausmanagement, Personalführung, Prozessmanagement
  • Bachelorarbeit und Kolloquium
     

Abschluss:

Bachelor of Science (B. Sc.) mit 180 CP verliehen durch die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen.
 

Ausschnitt aus dem Modulhandbuch: Studienverlauf und Modulübersicht
Abb. 1: Ausschnitt aus dem Modulhandbuch: Studienverlauf und Modulübersicht (zum Vergrößern anklicken)
 

Besondere Anerkennung – Fachkunde für Nicht-MTR

Eine besondere Errungenschaft des Studienganges war die Möglichkeit für Nicht-MTR, mit erfolgreichem Studienabschluss die Fachkunde zur technischen Durchführung in der Röntgendiagnostik zu erwerben. Diese wurde durch die Bezirksregierung Düsseldorf offiziell anerkannt (Bescheid 31/21) und entspricht somit der Fachkunde gemäß § 47 StrlSchV. Die Absolvent:innen dürfen damit eigenständig röntgendiagnostische Untersuchungen technisch durchführen und wurden examinierten MTR auf dem Gebiet der Röntgendiagnostik gleichgestellt. Diese Anerkennung ist bundesweit gültig.
 


Infobox

Wer ist Jenny Kloska?

Jenny Kloska ist Expertin im Strahlenschutz und in der medizinischen Radiologietechnologie. Sie vereint langjährige klinische Erfahrung als MTR mit fundierter akademischer Ausbildung und umfassender Lehrtätigkeit. 

Jenny Kloska war über 15 Jahre als Dozentin, in den letzten Jahren auch als stellvertretende Fachbereichsleiterin, im Bereich Strahlenschutz beim HDT (Haus der Technik e. V., Essen) tätig. Darüber hinaus engagiert sie sich seit vielen Jahren als aktives Mitglied in verschiedenen Fachgesellschaften (Fachverband für Strahlenschutz e. V, DVTA e. V., DGMTR). Seit 2021 vermittelt sie als selbstständige Dozentin praxisnahes Wissen in den Bereichen Strahlenschutz, Grundlagen der radiologischen Technik und Qualitätssicherung.

Weitere Informationen: www.kloska-strahlenschutz.de



 Zahlen und Erfolge

Im Zeitraum von 2014 bis 2021 wurden insgesamt vier Jahrgänge erfolgreich durch das Haus der Technik (HDT) in Essen sowie zwei weitere Jahrgänge durch die Technische Akademie Wuppertal (TAW) am Standort Bochum durchgeführt.

HDT, Essen: Insgesamt nahmen 75 Studierende am Studiengang teil, von denen 56 erfolgreich den Abschluss Bachelor of Science (B. Sc.) erlangten. Davon waren 45 MTR und 11 stammten aus anderen medizinischen Fachrichtungen (meist MFA). Letztere erhielten durch das Studium zusätzlich die Fachkunde für die technische Durchführung in der Röntgendiagnostik.

TAW, Bochum: In den Jahren ab 2019 bis 2025 wurden zwei reine MTR-Jahrgänge mit je 27 Absolvent:innen erfolgreich zum Abschluss geführt.
 

Persönlicher Rückblick, Einordnung und Dank

Als Teil des Gründungsteams war ich von Beginn an in die Entwicklung des Studienganges Medizinische Radiologietechnologie eingebunden und habe die erste Kohorte als Studierende selbst durchlaufen. Mein persönlicher Antrieb lag vor allem darin, mein fachliches Hintergrundwissen zu vertiefen, um meine Kompetenz in der Lehre gezielt weiterzuentwickeln.

Besonders spannend war es für mich, die Entstehung eines Studienganges aus nächster Nähe mitzuerleben: von der Konzeption über die Akkreditierung bis hin zu den hochschulischen Verwaltungsprozessen. Nach meinem Abschluss habe ich die Koordination der folgenden Jahrgänge übernommen. In dieser Rolle begleitete ich Studierende durch ihr Studium, beriet sie in organisatorischen und inhaltlichen Fragen und wirkte gleichzeitig als Dozentin sowie als Zweitprüferin bei Bachelorarbeiten mit. Für mich war dies eine konsequente Weiterentwicklung meines pädagogischen Engagements – Lehre auf dem nächsten Level.

Mit dem Ende dieses Studienganges endet auch eine Initiative, die frühzeitig ein Thema aufgegriffen hat, das international längst etabliert ist: die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe. Denn der Bedarf an hochqualifizierten Radiologietechnolog:innen wächst – insbesondere für verantwortungsvolle Tätigkeiten in Leitung, Lehre und Industrie [1].

Die Absolvent:innen des Studienganges Medizinische Radiologietechnologie haben vielfältige berufliche Wege eingeschlagen. Neben der Tätigkeit in der klinischen Routine arbeiten sie heute unter anderem:

  • in leitender Funktion in ihrer eigenen Abteilung oder in großen Kliniken/MVZ,
  • in der Industrie (z. B. als Applikationsspezialist:innen oder Projektmanager:innen),
  • in der Lehre an unterschiedlichen Institutionen,
  • im Bereich Strahlenschutz, im Bereich Dosismanagement oder als Strahlenschutzbevollmächtigte,
  • bei Aufsichtsbehörden oder in der Qualitätssicherung,
  • oder als selbstständige Fachkräfte und Berater:innen.
     

Diese Entwicklungen wurden auch im Rahmen einer Umfrage unter akademisierten MTR untersucht, die von der Arbeitsgemeinschaft MTR-Wissenschaft der DGMTR durchgeführt wurde [2].

Trotz der inhaltlichen und strukturellen Qualität konnte der Studiengang langfristig nicht fortgeführt werden. Zum 30.06.2025 lief er regulär aus. Ein wesentlicher Grund war die rückläufige Zahl an Neueinschreibungen in den letzten Jahren. Auch die mit dem Studiengang verbundenen Kosten – zwischen 16.000 und 20.000 Euro – mussten laut Erhebungen von Kloska et al. von rund 75 % der Studierenden privat getragen werden. Diese finanzielle Belastung stellte ebenfalls für einige Interessenten ein erhebliches Hemmnis dar.

Zudem veränderte sich mit der Einführung des neuen MT-Berufe-Gesetzes (MTBG) der Qualifikationsrahmen für Lehrkräfte an MTR-Schulen grundlegend: Erforderlich ist seither ein pädagogischer Hochschulabschluss. Eine vertiefte fachliche Qualifikation, wie sie dieser Studiengang bot, ist nicht mehr Voraussetzung. Damit entfiel für viele potenzielle Studierende ein zentrales Motiv, sich für das Programm einzuschreiben.

Mein besonderer Dank gilt den beiden wissenschaftlichen Leitern des Studienganges:

  • Prof. Dr. rer. nat. Waldemar Zylka (Westfälische Hochschule Gelsenkirchen)
  • Prof. Dr. med. Heinz Otto, Gelsenkirchen
     

Beide haben sich mit großem persönlichem Einsatz für die akademische Weiterentwicklung der Radiologietechnologie engagiert. Ebenso danke ich allen Mitwirkenden beim HDT, die den Mut hatten, diesen Studiengang zu initiieren und über viele Jahre mitzutragen.

Quellen:

[1] Dr. Blum,K. (2019): Abschlussbericht zu Fachkräftemangel und Fachkräftebedarf in MTA-Berufen, Deutsches Krankenhausinstitut e.V (DKI). https://www.dki.de/fileadmin/publikationen/2019_05_Fachkraeftemangel_und_Fachkraeftebedarf_in_MTA-Berufen_final.pdf

[2] Kloska, J., Hamid, S., Knapp, A. (2024): Welche Auswirkungen hat die Akademisierung von MTR in Deutschland auf ihre berufliche Tätigkeit und Karriereentwicklung? In: AG Wissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Technolog:innen für Radiologie (DGMTR). https://dgmtr.de/angebote/ag-mtr-wissenschaft/

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Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.

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