In dieser Folge unserer Reihe aus Anlass des näher rückenden HDT-Gründungsjubiläums widmen wir uns dem Strahlenschutz und der Röntgendiagnostik. Auch hier erweist sich die Zeit vor rund 100 Jahren als für die spätere Entwicklung prägend.
Das bekannte HDT-Motto „Wissen durch Erfahrung“ ist weit mehr als bloß irgendein Slogan, denn es läuft in vielerlei Hinsicht parallel zum Alltagswort „Aus Schaden wird man klug“. Womit wir mitten im Thema wären. Vorsicht und Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit ionisierender Strahlung beziehungsweise mit radioaktiven Stoffen sind auch ein Ergebnis der häufig tragischen Folgen früherer Sorglosigkeit.
Der Radium-Hype und die Folgen
Stoffen wie Radium sagte man anfänglich nach, regelrechte Allheilmittel zu sein. So gab es beispielsweise lange Zeit vermeintlich gesundheitsförderndes Trinkwasser zu kaufen, das mit Radium versetzt war. Ebenso existierten unter anderem Zahncremes und Haarpflegemittel, die Radium enthielten.
Ein anderes Beispiel ist die leidvolle Geschichte der als „Radium Girls“ bezeichneten US-Arbeiterinnen, die Zifferblätter mit Radium-Leuchtfarbe ausrüsten mussten. Der Empfehlung durch Vorarbeiter gemäß, spitzten sie hierbei zum Zeichnen feinerer Linien die Pinsel permanent mit dem Mund. Hierdurch nahmen sie Tag für Tag Radium unmittelbar auf, was ihnen zum Verhängnis wurde.
Unfreiwillige Märtyrerinnen
Die Radium Girls trugen wesentlich zum Strahlenschutz sowie zum Arbeitsschutz bei, indem ein späteres Gerichtsverfahren zum Präzedenzfall im Hinblick auf die Arbeitgeberverantwortung wurde. Es wird überdies angenommen, dass röntgendiagnostische Untersuchungen an den im Kieferbereich („Radiumkiefer“) geschädigten Frauen aufgrund der damals hohen Dosen und teils noch beträchtlichen Expositionszeiten zur Verschlimmerung beitrugen.
Glücklicherweise setzten sich in der Zwischenzeit nicht nur unbedenkliche Alternativen zu Radium-Leuchtfarbe, sondern – dank Strahlenschutzgesetzgebung – insgesamt eine völlig andere Handhabung radioaktiver Stoffe durch. Die Rolle eines Pioniers kommt dabei Bernhard Walter zu. Der deutsche Physiker war Mitbegründer der 1905 ins Leben gerufenen Deutschen Röntgengesellschaft und zählt zu den ersten, die auf Strahlenschutzmaßnahmen drängten.
Professionalisierung der Radiologie
Weit über die Frage der Strahlenexposition hinaus ist heute die gesamt Röntgendiagnostik auf einem Niveau, das sich von der Situation vor ungefähr hundert Jahren denkbar unterscheidet. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass gerade in den 1920er-Jahren – der Zeit also, auf die wir uns in dieser Serie im Zuge der Vorbereitungen auf 100 Jahre HDT besonders beziehen – im In- und Ausland nicht zuletzt die noch jungen radiologische Fachgesellschaften hierfür das Fundament legten.
Immer präziser, sicherer und vielseitiger – auf diesen Nenner lässt sich die Entwicklung der Radiologie bringen. Für eine abermals spürbare Verfeinerung dürften in den kommenden Jahren insbesondere die großen technologischen Sprünge bei Computertechnik und künstlicher Intelligenz sorgen. Schon jetzt ist die deutlich reduzierte Strahlenbelastung fortgeschrittener bildgebender Verfahren bei gleichzeitig verbesserter Aussagekraft ein unschätzbarer Segen für Medizin und Patienten.
Strahlenschutzausbildung beim HDT
Innerhalb des HDT-Weiterbildungs-Portfolios, das sei abschließend festgehalten, kommt der Strahlenschutzausbildung seit Jahrzehnten ein sehr wichtiger Stellenwert zu. Die stark nachgefragten Kurse im medizinischen und technischen Bereich dienen sowohl dem Erwerb als auch der Aktualisierung von Fachkunde und Kenntnissen im Strahlenschutz.
Neben der jahrzehntelangen Expertise des HDT-Fachbereichs Strahlenschutz ist ein weiteres wichtiges Alleinstellungsmerkmal die eigene hochmoderne Röntgenabteilung des HDT. Sie ist mit der eines kleinen bis mittleren deutschen Krankenhauses vergleichbar. Unablässig wird in Ausbau und Fortentwicklung investiert. Mit Blick auf die Relevanz für die Gewährleistung eines optimalen Schutzes von Personal und Patienten allerorts ist das mit Sicherheit hervorragend angelegtes Geld.
Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 12.06.2025
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Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.