Führungskräfte verzweifelt gesucht? Laut der Boston Consulting Group (BCG) können sich hierzulande lediglich noch 14 Prozent der Arbeitnehmenden vorstellen, eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Lassen wir die Eignung beiseite: Der finanzielle Anreiz scheint offenbar nicht mehr auszureichen. Das hat Folgen. Man geht davon aus, dass bis Ende des Jahrzehnts eine mittlere sechsstellige Zahl an Führungskräften fehlen wird.
Es muss somit eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie sich wieder mehr Menschen für Management und Führung begeistern lassen.
Rollenklarheit erlangen
Ein Ansatz ist das Training von Führungskräften. Ein großer Teil von ihnen wird nämlich ins kalte Wasser geschubst. Die zwangsläufige Folge: Viele flitzen rast- und planlos als „Löschdecke“ herum, wie Lars Vollmer, Gründer des größten deutschsprachigen Netzwerks für die neue Arbeitswelt und moderne Unternehmensführung, es vor einigen Jahren passend ausgedrückt hat. Für die eigentlichen Aufgaben bleibt hingegen fast keine Zeit.
Die Situation schreit nach einer Selbstentlastung, für die wiederum Führungskräfte-Coach Alfred Faustenhammer in seinem bei Wiley erschienenen Ratgeber „Weniger tun, mehr bewirken!“ plädiert. Hierzu ist nach seiner Auffassung allerdings erst einmal wichtig, dass man Rollenklarheit erlangt und sich unpassender Hüte entledigt.
Häufiger auf Nichtstun setzen
Eng damit verbunden ist die Harmoniefalle, in die häufig getappt wird. Dabei sollte sich herumgesprochen haben: Everybody's Darling ist nichts anderes als Everybody's Depp. Bedeutet konkret: Man muss gezielt enttäuschen können, wenn man nicht selbst einen hohen Preis zahlen will. Faustenhammer empfiehlt den Verzicht auf überholte Ideale und Verhaltensmuster, was nicht ganz einfach ist, da diese oftmals tief in die Psyche eingeschrieben sind.
Vermutlich einfacher umzusetzen ist da schon ein anderer Punkt: häufiger auf Nichtstun setzen. Das muss natürlich erklärt werden, damit es keine Missverständnisse gibt. Es geht beispielsweise darum, ob man sich reflexartig sofort in jeden Konflikt einmischen und Partei ergreifen sollte oder die Dinge besser öfter zunächst laufen lässt. Das wiederum verlangt freilich nach Fingerspitzengefühl und gutem Timing. Anders ausgedrückt: Erfahrung ist entscheidend. Doch woher nehmen?
Ein hilfreiches Instrumentarium
Von großer Hilfe kann hier das von Faustenhammer zur Verfügung gestellte Instrumentarium sein. Es besteht unter anderem aus Fragen, die sich alle regelmäßig stellen sollten. Sie dienen der Einschätzung einer Situation und der wichtigen Vergewisserung der eigenen Motive. Die Art der Kommunikation wird ebenfalls adressiert. Kurz gesagt handelt es sich um den Weg zur „brutalen Ehrlichkeit“, wie Faustenhammer es ausdrückt.
In Zeiten überbordender politischer Korrektheit ist das vielleicht für manche ein Kulturschock. Wohin jedoch die fortgesetzte Verweigerung von Klartext ebenso wie das permanente Beschönigen von Missständen führt, lässt sich am gegenwärtigen Zustand unseres Landes sehr genau ablesen.
Aus dem Leben gegriffene Beispiele
Gehen die von Faustenhammer beschriebenen Methoden im Laufe der Zeit in Fleisch und Blut über, ist viel gewonnen. Das ist auch das passende Stichwort für ein Gesamtfazit zu seinem Buch. Es zu lesen ist mit Sicherheit ein Gewinn. Sich auf die hier vorgestellten Prinzipien einzulassen, verspricht nicht nur Entlastung, sondern einen ganz anderen, ja erstrebenswerten Job.
Ein derart „radikaler Einstellungswechsel“, wie ihn Faustenhammer fordert respektive vorschlägt, ist zwar alles andere als eine Kleinigkeit. Seine Argumente sind jedoch plausibel und nachvollziehbar, ebenso die ausführlich dargelegte praktische Vorgehensweise. Sie wird in jedem Kapitel anhand jeweils vorangestellter Beispiele aus dem Leben beziehungsweise Führungsalltag abgeglichen.
Hier beweist sich übrigens zum einen der große Erfahrungsschatz des erfolgreichen Trainers. Zum anderen dürfte sich ein großer Teil der Leserschaft in den anschaulichen Darstellungen wiederfinden. Verbunden mit der Chance, basierend auf den Strategien Faustenhammers all das künftig hinter sich zu lassen.
Alfred Faustenhammer
Weniger tun, mehr bewirken!
Wie Sie sich als Führungskraft entlasten und gleichzeitig mehr erreichen
288 Seiten, Hardcover
ISBN: 978-3-527-51166-2
Weitere Informationen:
Wiley-VCH GmbH
www.wiley-business.de
Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 16. Februar 2024