Akku-Technologie: Eine Batterie von Zukunftspotenzialen

Das Prinzip des Verschaltens mehrerer galvanischer Zellen zu einer Batterie ist seit mindestens zwei Jahrhunderten bekannt. Es waren die bahnbrechenden Versuche von Luigi Galvani und Alessandro Volta, die letztlich das Fundament lieferten für die Entwicklung der modernen Akku-Technologie. Ob in der Antike bereits primitive Batterien existiert haben, ist umstritten. Die sogenannte „Bagdad-Batterie“ [1], ein vierzehn Zentimeter hohes Tongefäß mit einem Kupferblech-Zylinder und Eisenstab darin, 1936 bei Ausgrabungen im Irak entdeckt, hätte man lediglich mit Essig füllen müssen, um aus ihr eine Stromquelle zu machen. Vielleicht diente sie auch ‚nur‘ dem Galvanisieren, also dem Überziehen von Werkstücken mit hauchdünnen Schichten von Metall. Leider fehlt es an archäologischen Beweisen, um das Rätsel zu entschlüsseln.

Zu einer der Schlüsseltechnologien unserer Zeit werden mehr und mehr Batterien in Form wiederaufladbarer Akkumulatoren – ob als Energiequelle für das mobile Arbeitsleben, als tragende Säule für den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter oder als Rückgrat für die Mobilität der Zukunft.

Jährlich zehn Prozent höhere Energiedichte

Weltweit arbeiten Wissenschaftler unter Hochdruck an der Verbesserung der Kapazitäten, am Ladeverhalten und an der Reduzierung der Herstellungskosten von Batterien. Was auch dringend notwendig ist, wenn es beispielsweise gelingen soll, Mobilität mit Elektroautos so darzustellen, wie Menschen das von ihren heutigen PKW gewohnt sind: bezahlbar und mit bis zu 1000 km Reichweite. Nur so wird die Akzeptanz hinreichend steigen, um mit dem Nischenprodukt den Massenmarkt zu erobern. Denn nur wenige Menschen sind in der Lage oder bereit dazu, sich für Langstrecken wie weite Urlaubsreisen ein zusätzliches Fahrzeug anzuschaffen.

Allerdings besteht kein Zweifel, dass der Durchbruch der Elektromobilität nicht an der Technik scheitern wird. Die in letzter Zeit aus den Labors vermeldeten Sprünge bei der Akku-Technologie hinsichtlich der Energiedichte sind beeindruckend. Die Fachleute innerhalb der „EQ“ genannten Elektrosparte von Mercedes-Benz zum Beispiel rechnen ohnehin mit einem künftigen jährlichen Zuwachs bei der Energiedichte von zehn Prozent [2]. Wer fühlt sich da nicht an das Mooresche Gesetz von der Steigerung der Rechenleistung respektive Integrationsdichte von Mikroprozessoren als eine wichtige Voraussetzung für die digitale Revolution erinnert?

Neue Regeln für Luftfracht

Langfristig gesehen werden Batterien für Elektrofahrzeuge nicht nur wesentlich leistungsfähiger als heute sein, sie werden vermutlich auch aus anderen Materialien bestehen. Heutige Lithium-Ionen-Batterien sind schließlich nicht nur teuer und energieaufwändig in der Herstellung, sie sind außerdem nicht ganz ungefährlich – insbesondere wenn sie bei einem Unfall starker Hitze ausgesetzt oder verformt werden.

Auch wenn sich die Frage ihrer Unsicherheit relativ zu der ubiquitären Verwendung schnell relativiert und man im Prinzip von einer sicheren Technologie ausgehen kann, treibt die Gefahr explodierender Akkus die Luftfahrtbranche schon seit Jahren um. Der drohende Laptop-Bann im Passagierraum ist zwar vorerst vom Tisch, für den Transport von Akkus in der Luftfracht haben sich die Regeln andererseits schon geändert. Die Mitnahme ist nur noch in reinen Frachtmaschinen möglich [3].

Projekt „Battmobil“

Wie wichtig das Thema Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien genommen wird, beweist auch die Unterstützung eines Forschungsprojektes durch das Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg. Im Rahmen des (vom Namen her an das Gefährt eines bekannten Comichelden erinnernden) Projektes „Battmobil“ geht es um die Entwicklung prognosefähiger Modelle zur Crashoptimierung von Batterien für die Elektromobilität [4].

Von den brandgefährlichen Batterien abgesehen stellen verunfallte Elektrofahrzeuge Retter natürlich auch vor die Herausforderung, diese zunächst stromlos machen zu müssen. Die Hochvoltanlagen stellen ansonsten bei Berührung ein tödliches Risiko dar. Dafür ist jedoch die genaue Kenntnis über den Aufbau erforderlich – und der variiert je nach Fahrzeug.

Energetische Unabhängigkeit

Nicht nur in Fahrzeugen, sondern zunehmend auch in Häusern spielen moderne Hochleistungsakkus eine zentrale Rolle. Weil der Preis für die Speichertechnik mit wachsender Stückzahl sinkt, wird sie auch für Besitzer von Photovoltaik-Anlagen reizvoller. Über die Stromersparnis bei Verbrauch eines Teils des selbst produzierten Stroms, Steuervorteile als zweite sowie den ins öffentliche Netz gespeisten Strom als dritte Säule kann sich das nach wenigen Jahren amortisieren und in die weitgehende energetische Unabhängigkeit führen.

Freilich von einem anderen Kaliber müssen Batterien sein, die die überschüssige Energie aus Windkraftanlagen im Umfang des Tagesverbrauchs von Tausenden Haushalten speichern sollen. Entsprechende Batteriespeicher auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie haben erfreulich hohe Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent. Das bedeutet, dass die eingespeiste Energie fast vollständig wieder abgerufen werden kann, wenn der Wind nicht weht.

Doch es gibt auch andere Verfahren, die ohne Batterien auskommen. Wärmespeicher etwa. Hier wird Wasser erhitzt und dann etwa für Fernwärme genutzt. Elektrolyse, die Nutzung der überschüssigen Energie für die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff – mit der anschließenden Speicherung des Wasserstoffs als Energieträger –, ist eine weitere von vielen Möglichkeiten.

Akku-Technologie vor dem nächsten großen Sprung?

Auch bei der Akku-Technologie für Elektroautos oder für kleinere „Mobile Devices“ gibt es zahlreiche spannende Ansätze. Die Akku-Technologie deutlich nach vorn bringen könnte ein Forscherteam unter der Leitung von niemand geringerem als dem US-amerikanischen Physiker und Materialwissenschaftler John B. Goodenough, der entscheidende Beiträge zur Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie geleistet hat. Das Interesse Goodenoughs, der als heißer Kandidat für einen Chemie-Nobelpreis gehandelt wird, hat sich inzwischen in Richtung Festkörperbatterien verlagert. Ob die von ihm und seinen Mitstreitern entwickelte keramische Glasbatterie tatsächlich das Zeug dazu hat, den Lithium-Ionen-Akku abzulösen, ist noch völlig offen [5]. Dafür müssen zahlreiche Aspekte in Betracht gezogen werden, darunter die Schnellladefähigkeit, Anzahl möglicher Ladezyklen und vor allen Dingen die Energiedichte bezogen auf Gewicht und Volumen.

Die Erhöhung der Energiedichte, die für das Thema Reichweite bei Elektrofahrzeugen besonders spannend ist, geht eigentlich vom Prinzip her mit einer potenziellen Verringerung der Sicherheit einher, denn je mehr Energie im Akku steckt, desto größer ist – vereinfacht gesagt – der theoretisch mögliche Schaden bei einem technischen Defekt. Sicherheit und Energiedichte hängen unter anderem von der Ausgestaltung der Elektroden ab und von den Separatoren, die vor einem Kurzschluss schützen.

Fazit

Wohin die Reise in Sachen Akku-Technologie auch geht – in der einen oder anderen Ausprägung werden Akkus unsere treuen Begleiter bleiben beziehungsweise immer öfter werden. Sorgen um Engpässe bezüglich der Verfügbarkeit von Lithium, vor denen in Folge einer unlängst erschienenen wissenschaftlichen Untersuchung [6] gewarnt wird, muss man sich nur bedingt machen. Noch hat der Boom bei der Elektromobilität nicht begonnen. Ferner ist ungewiss, wie lange Lithium-Ionen-Batterien überhaupt die erste Wahl für Elektroautos sein werden. Für die Zukunft der Akku-Technologie darf man zweifelsohne große Durchbrüche erwarten – unabhängig von der jeweils recht langen Zeit bis zur Serientauglichkeit.

Das Ganze ähnelt jedenfalls einmal mehr den Warnungen vor dem Versinken in Pferdemist aus der Zeit vor dem Siegeszug des Automobils. Mit Zukunftsprognosen, die darauf basieren, Bekanntes zu extrapolieren, ist es nämlich so eine Sache. Auf der vergleichsweise sicheren Seite ist man, wenn man sich stattdessen dafür einsetzt, dass klugen und kreativen Köpfen die Chance gegeben wird, die Zukunft zu gestalten.

Michael Graef, Chefredakteur

02.03.2018

Hinweis:

Dieser Artikel ist ursprünglich erschienen im Wissenschaftsjournal TM 2.0. Die TM 2.0 war die digitale Fortsetzung der 100 Jahre lang in gedruckter Form erschienenen Technischen Mitteilungen (TM), die bereits im Jahre 1907 in Dortmund durch drei Berufsverbände (Rhein.- Westf. Bezirksverein Deutscher Chemiker, Elektrotechn. Verein des Rhein.-Westf. Industrie-Bezirks und Westfälischer Bezirks-Verein Deutscher Ingenieure) gegründet wurden. Aufgegangen ist die TM 2.0 im HDT-Journal.

Quellen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bagdad-Batterie

[2] https://www.automobil-industrie.vogel.de/wir-erwarten-einen-kostenvorteil-bei-e-autos-a-683531/

[3] http://www.iata.org/whatwedo/cargo/dgr/Pages/lithium-batteries.aspx

[4] https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/freiburg-wirtschaftsministerium-foerdert-forschungsvorhaben-zur-verbesserung-von-elektrofahrzeugen/

[5] http://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2017/EE/C6EE02888H#!divAbstract

[6] http://www.cell.com/joule/fulltext/S2542-4351(17)30044-2

 

Bildhinweis:
Thema Akku-Technologie – Symbolbild (Quelle: Pixabay.com / Composing: TM 2.0)

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