Compliance-Verantwortliche in Unternehmen: Alles geregelt?

In einem früheren Beitrag, der sich globaler mit Compliance im Unternehmen beschäftigte, warfen wir unlängst bereits Streiflichter auf die Aufgaben, die Compliance-Verantwortliche zu erfüllen haben. Heute nun wollen wir uns noch intensiver mit ihren Kompetenzen und ihrer Rolle in Bezug auf Haftungsrisiken beschäftigen.

Dass Compliance praktisch von existenzieller Bedeutung für Unternehmen ist, versteht sich, wenn man einen Blick auf die empfindlichen Strafen wirft, die heutzutage bei Verstößen drohen. Woraus sich wiederum von selbst ergibt, wieso Compliance-Verantwortliche – auch Compliance-Officer oder Compliance-Beauftragte genannt – von so großer Wichtigkeit sind. Im Prinzip sind sie diejenige Instanz, die sicherzustellen hat, dass innerhalb eines Unternehmens nach den Regeln gespielt wird; dass also Gesetze, Vorschriften und Verhaltensrichtlinien eingehalten werden.

Compliance-Officer: Eine Rolle, viele Aufgaben

Stellvertretend seien mit Datenschutz, Finanzvorschriften und Antikorruptionsrichtlinien lediglich drei Beispiele angeführt, die den Compliance-Alltag bestimmen. Tatsächlich gibt es viel mehr Regelwerke und Rahmenbedingungen, die zu berücksichtigen sind. Denn nicht umsonst zählt Deutschland zu den Ländern mit den meisten Gesetzen. Nicht zu vergessen: die unzähligen Rechtsverordnungen.

Zur reinen Überwachung und Kontrolle hinzu kommen, was die Aufgaben von Compliance-Verantwortlichen betrifft, die Schwerpunkte interne Beratung der Geschäftsleitung – beispielsweise in Bezug auf rechtliche Risiken – sowie die Schulung und Sensibilisierung der einzelnen Abteilungen und Mitarbeitenden. Letzteres ist von besonders großem Wert. Ohne die Schärfung des Bewusstseins der Belegschaft für Compliance-Themen würde man auf Eigenverantwortung als eines der entscheidenden Instrumente zur Einhaltung von Regeln verzichten. 

Das Immunsystem von Organisationen

Manche sehen in Einsicht und Eigenverantwortung sogar so etwas wie das Immunsystem von Organisationen. Schon an anderer Stelle sprachen wir die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Einführung respektive Sicherstellung einer Compliance-Kultur sowie die grundlegende Implementierung eines Compliance-Programms als weitere zentrale Aufgaben von Compliance-Verantwortlichen an.

Ferner führt ein Compliance-Officer im Falle von Regelverstößen oder Verdachtsmomenten Untersuchungen durch und koordiniert, falls nötig, die Zusammenarbeit mit den Behörden im Sinne des Krisenmanagements. Und natürlich gehört weiterhin die regelmäßige Berichterstattung (an die Geschäftsleitung) zu den typischen tagtäglichen Aufgaben.

Welche Kompetenzen müssen Compliance-Verantwortliche mitbringen?

Wer für all das (ohne Gewähr auf Vollständigkeit) Erwähnte Verantwortung trägt, ist vielleicht nicht zwangsläufig zu beneiden. Implizit ergibt sich daraus allerdings, dass der Job nicht eben schlecht vergütet wird. Zweifellos aber müssen Kandidatinnen und Kandidaten eine Menge an fachlichen und persönlichen Kompetenzen mitbringen. Ebenfalls ohne Anspruch auf letztgültige Vollständigkeit seien im Folgenden die elementarsten Voraussetzungen aufgezählt, um als Compliance-Officer erfolgreich tätig sein zu können.

  • Fundiertes rechtliches Wissen – insbesondere im Hinblick auf die relevanten gesetzlichen Regelungen, die für die Branche des jeweiligen Unternehmens gelten.
  • Kommunikationsfähigkeit – äußerst gefragt, wenn es allein um das allgemein verständliche Erklären komplexer rechtlicher Sachverhalte geht.
  • Analytische Fähigkeiten – unerlässlich für das Einschätzen von Risiken und Identifizieren geeigneter Lösungsstrategien.
  • Integrität und Objektivität – das sollte sich von selbst verstehen; Compliance-Officer müssen vorbildlich und als unabhängige Instanz agieren, unbeeinflusst beispielsweise von politischen Strömungen.
  • Durchsetzungsvermögen ist gleichermaßen wichtig, da Compliance-Themen nicht unbedingt beliebt sind und man jederzeit in der Lage sein muss, Positionen gegen Widerstände zu vertreten.
  • Projektmanagement-Fähigkeiten sind zusätzliche technisch-organisatorische Grundlagen, die beispielshalber hinsichtlich der Einführung neuer Compliance-Prozesse unabdingbar sind.
     

Wie wird man eigentlich Compliance-Officer?

Compliance-Officer sein, so viel steht spätestens jetzt fest, ist nicht leicht. Doch wie wird man es überhaupt? Zunächst sei gesagt, dass eine standardisierte Ausbildung bislang nicht existiert. Es gibt jedoch verschiedene Wege, den Beruf des Compliance-Verantwortlichen zu ergreifen. Ein guter Ausgangspunkt ist ein Studium im Bereich Jura oder Wirtschaftswissenschaften. Empfehlenswert sind Spezialisierungen wie Risikomanagement oder Wirtschaftsrecht.

Mittlerweile existieren auch spezialisierte Weiterbildungen für Compliance-Beauftragte sowie Zertifikatslehrgänge und Kurse, die speziell auf Compliance-Themen zugeschnitten sind. Angeboten werden sie von privaten Weiterbildungsinstituten, Hochschulen, Industrie- und Handelskammern sowie weiteren privaten Anbietern.

Was die Berufserfahrung angeht, starten viele Compliance-Verantwortliche ihre Karriere in Rechtsabteilungen oder im Risiko- oder Finanzmanagement und wechseln danach in den Compliance-Bereich.

Wie sieht die Jobsituation für Compliance-Verantwortliche aus?

Insgesamt sind Compliance-Verantwortliche auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Nicht zuletzt im Bereich Datenschutz (man denke an die Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO), Finanzregulierung oder Umweltschutz hat die permanent wachsende Anzahl an Vorschriften und regulatorischen Anforderungen dazu geführt, dass Unternehmen immer stärker auf Compliance achten müssen. In regulierten Branchen wie Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Gesundheit oder Energie sind Compliance-Officer heute ohnehin gänzlich unverzichtbar.

Des Weiteren gibt es in vielen Ländern Gesetze, die Unternehmen verpflichten, Compliance-Strukturen zu implementieren, was die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften weiter steigen lässt. Und zu guter Letzt erkennen auch mittelständische Unternehmen zunehmend die Bedeutung von Compliance und schaffen hier neue Stellen.

Fazit: Die lachenden Dritten

Zusammenfassend sei gesagt, dass Compliance-Verantwortliche – wie der Begriff ja schon andeutet – einen sehr verantwortungsvollen und somit nicht eben leichten Job machen. Auf der anderen Seite kann über die Einkommenssituation nicht geklagt werden. 

Zudem handelt es sich um einen wachsenden und vergleichsweise zukunftssicheren Berufszweig. Während Betriebe unter einer zunehmenden Regulierungswut ächzen und Wirtschaftsverbände laut vernehmbar vor den Folgen entstehender Wettbewerbsnachteile warnen, sind Compliance-Verantwortliche in dem Spiel, wenn man so will, die lachenden Dritten.

Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 21.10.2024 

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Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz. 

Tags: Compliance, Recht
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