An den falschen Stellen kann Rost sehr ärgerlich sein – und teuer werden. Nicht so im Zusammenhang mit der sicheren und günstigen Speicherung von grünem Wasserstoff, wie der folgende Beitrag zeigt.
Rost schläft nie. Wir wissen das spätestens seit Neil Youngs legendärem Konzertfilm („Rust Never Sleeps“) aus dem Jahre 1979. Besonders Ausgeschlafene nutzen Rost sogar als Speicher für saisonal überschüssige erneuerbare Energie. Das physikalisch-technische Prinzip dahinter, auf das wir gleich kurz eingehen, ist zwar keine wirklich neue Entdeckung. Doch die Methode könnte die Nutzung regenerativer Energie revolutionieren, die Wasserstofftechnologie clever ergänzen und Stromnetze in Phasen mit wenig Wind und Sonne stabilisieren.
Bis dass der Rost uns scheidet
Im Kern geht es um die verlustfreie Speicherung von grünem Wasserstoff. Bisherige Optionen wie die Verwendung von Kryobehältern oder Druckflaschen benötigen sehr viel Energie. Was aber, wenn man Wasserstoff jederzeit verfügbar machen könnte, ohne ihn hierzu im eigentlichen Sinne lagern zu müssen?
Der Schlüssel liegt im gezielten Ausnutzen der Reversibilität des Rostens von Eisen. So kann man im ersten Schritt – dem Ladeprozess – Wasserstoff durch Pellets aus verrostetem Eisen strömen lassen. Das führt dazu, dass dem Eisenoxid Sauerstoff entzogen wird. Als Ergebnis erhält man Wasserdampf und reines Eisen. Der zweite Schritt zum Kreislauf besteht darin, dass man Wasserdampf erneut durch die Pellets strömen lässt. Der enthaltene Sauerstoff bindet sich wieder an das dann ein weiteres Mal rostige Eisen, während gasförmiger Wasserstoff als Energieträger zurückbleibt.
Die wesentlichen Vorteile liegen auf der Hand. Zum einen wird der Energieverlust für die Speicherung von Wasserstoff aufgehoben, zum anderen ist die Lagerung beziehungsweise der Transport entsprechender Edelstahltanks ohne teure Sicherheitsmaßnahmen möglich, was sich zusätzlich wirtschaftlich bemerkbar macht.
Zu schön, um wahr zu sein?
Bedenkt man darüber hinaus, dass bei dem Verfahren Wasserdampf zumindest teilweise in einem geschlossenen Kreislauf geführt wird, lässt sich der besondere Vorteil für Wüstenregionen nachvollziehen. Ihr riesiges solarenergetisches Potenzial geht einher mit Wassermangel. Der Trick mit dem Rost könnte helfen, etwa in Nordafrika günstig Wasserstoff für den europäischen Markt zu produzieren.
Das benötigte Ausgangsmaterial – Eisenerz – steht in riesigen Mengen zur Verfügung. Für seinen Einsatz in entsprechenden Tanks oder Kesseln ist eine Aufbereitung nicht erforderlich. Zudem lässt es sich beliebig oft wiederverwenden. Kein Wunder, dass man vielerorts forscht und bereits erste Anlagen testet, um der großtechnischen Nutzung zum Durchbruch zu verhelfen. Berechnungen der ETH Zürich konnten beispielsweise zeigen, dass die saisonale Energiespeicherung für die gesamte Schweiz mithilfe des Verfahrens grundsätzlich möglich wäre.
Ein interessantes Paper zu Metallen als Energiespeicher hat überdies die TU Darmstadt veröffentlicht. Es kann kostenlos über folgenden Link heruntergeladen werden: https://doi.org/10.5281/zenodo.15132557
Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 21.05.2025
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Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.