Führen ohne Vorgesetztenfunktion: Gewusst wie

Mehr als jeder andere Einzelfaktor entscheidet die Qualität der Führung über den Erfolg oder das Versagen einer Organisation. Nein, diese These stammt nicht von mir. Vielmehr äußerte sie Fred Edward Fiedler im Jahre 1976. Zu attestieren, dass der 2017 verstorbene Organisationspsychologe hiermit eine Wahrheit von quasi überzeitlicher Gültigkeit ausgesprochen hat, fällt nicht schwer. Dass sich die Komplexität von Prozessen und die Erwartung an die Schnelligkeit von Projekten in der Zwischenzeit signifikant geändert haben, zahlt eher noch darauf ein. Praktisch unabhängig von der Branche und der jeweiligen Aufstellung eines Unternehmens stehen und fallen Motivation und Einsatzfreude, Qualitätsbewusstsein, Compliance und Verantwortungsgefühl mit dem vorgelebten Beispiel. Auf das gesamte Mindset von Mitarbeitenden, wie man heute so schön sagt, wirken sich guter Führungsstil beziehungsweise Führungsarbeit aus.

Unvorbereitet „auf die Menschheit“ losgelassen

Wie zum Beweis der Richtigkeit der Grundannahmen sind die hierhinter liegenden psychologischen Gesetzmäßigkeiten indirekt Teil der Alltagssprache geworden. Man denke etwa an folgenden bekannten Satz: „Menschen kündigen nicht den Job, sondern ihren Vorgesetzten.“ Zu erklären, dass Chefinnen und Chefs es ebenfalls nicht immer leicht haben, klingt nach einer wenig lösungsorientierten Entschuldigung. Fakt ist allerdings, und Studien zeigen es regelmäßig, dass Führungskräfte jenseits ihrer fachlichen Kompetenz nur in seltenen Fällen auf ihre wichtige organisatorische Rolle vorbereitet werden. Doch was, wenn das Problem sich zusätzlich verschärft, indem Personen ohne Vorgesetztenfunktion führen sollen? 

Wer bei fehlender Disziplinarverantwortung lediglich an eigene Mitarbeitende denkt, springt zu kurz. Projektteams schließen nicht erst in der heutigen Zeit vielfach für Dienstleister oder Partnerunternehmen Tätige mit ein. Auf sie will genauso professionell und individuell eingegangen werden. Ein mit der Digitalisierung einhergehender kultureller Wandel bringt zusätzlich neue Spielregeln mit sich und verlangt nach zahlreichen neuen Kompetenzen. Trotzdem lassen es viele Unternehmen zu, dass sich Menschen nach dem Learning-by-Doing-Prinzip als Führungskräfte ausprobieren und über lange Zeiträume hinweg – unfreiwillig – zu Lasten des Betriebsklimas, der Produktivität und des Projekterfolges dilettieren.

Was sollte ein Führungskräftetraining abdecken?

Nun ist es keineswegs so, dass jede Organisation das Rad neu erfinden muss. Umso unverständlicher ist es, dass auf die angemessene Qualifizierung so häufig verzichtet wird. Was aber sollte ein Führungskräftetraining überhaupt abdecken? Zu den wichtigsten Themenüberschriften zählen natürlich Leadership – Grundsätze des Führens –, Führungsprozess und Führungsaufgaben. Ganz klar mit zum Rüstzeug gehören Persönlichkeitskunde, Führungsstile und situatives Verhalten. Nicht zu vergessen Kommunikation, was alle relevanten Gesprächsformen, Motivation und den Umgang mit Konflikten einschließt. Letzteres kann als Chance begriffen werden, sofern der grundsätzliche Umgang damit gelernt und die zentrale Bedeutung von Kritikfähigkeit verstanden wurde. Für den (Unternehmens-)Erfolg ist nämlich beides vergleichbar abträglich: grenzenloser Konformismus und andauernder Dissens.

Ferner sollten eigene Stärken und Schwächen im Umgang mit Mitarbeitenden idealerweise zusätzlich im Rahmen praktischer Übungen identifiziert und adressiert werden. Und schließlich müssen Kriterien wie Arbeitszufriedenheit für die Beurteilung der Führungsqualität vermittelt werden. Um darüber hinaus gezielt auf das Führen ohne Vorgesetztenfunktion vorzubereiten, gibt es außerdem spezielle Trainings. Besondere Schwerpunkte und Lernziele bilden hierbei unter anderem Eigenverantwortung, Einfühlungsvermögen und Arbeitsorganisation.

Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 05.12.2023

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