Wer kann, der kann: Wissenswertes rund um Kanban

Kanban, so viel dürfte bekannt sein, ist ein agiles Managementsystem zur Steuerung und Optimierung von Arbeitsprozessen, welches seinen Ursprung in der japanischen Automobilindustrie der späten 1940er-Jahre hat. Nicht nur diese hat sich seither grundlegend verändert – hin zu weitgehend automatisierten Arbeitsweisen. Die Kanban-Methode selbst wurde gleichermaßen kontinuierlich weiterentwickelt und an die modernen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst. Hierdurch wurde immer wieder sichergestellt, dass ihre Wirksamkeit erhalten bleibt, die sich insbesondere an folgenden Merkmalen festmachen lässt:

  • Kanban liefert eine transparente Visualisierung aller Aufgaben und der jeweiligen Ist- und Soll-Zustände innerhalb einer Produktions- oder Organisationseinheit.
  • Kanban ermöglicht die frühzeitige Identifikation und Beseitigung von Engpässen sowie die Optimierung des gesamten Workflows und der zugehörigen Logistik.
  • Kanban erlaubt die Festlegung verbindlicher Regeln und Strukturen für eine konsistente Arbeitsweise.
  • Mittels Kanban lassen sich parallele Arbeiten zwecks Fokussierung und Vermeidung von Überlastung begrenzen.
  • Kanban unterstützt kontinuierliche Verbesserungsprozesse im Sinne von Kaizen zur langfristigen Steigerung der Qualität und Effizienz.
     

Kanban-Board statt Brett vorm Kopf

Das zentrale Werkzeug beim Kanban bildet das sogenannte Kanban-Board. Es besteht im Prinzip aus einer einfachen Tabelle, deren verschiedene Spalten einen beliebigen Arbeitsfluss abbilden können. Wesentliche Elemente sind hierbei die Spalten „To Do“ für Aufgaben, die noch nicht begonnen wurden, „In Progress“ für aktuell in Bearbeitung befindliche sowie „Done“ für abgeschlossene Aufgaben. Zusätzlich können Swimlanes als optische Trenner genutzt werden, um Aufgaben detaillierter abzubilden und gemäß der Priorisierung voneinander abzugrenzen.

Jede Aufgabe wird auf dem Kanban-Board als Ticket oder Karte (das entspricht der Übersetzung des japanischen Wortes Kanban) dargestellt respektive angeheftet und durchläuft den Prozess von Spalte zu Spalte, bis sie abgeschlossen ist.

Mit kleinen Schritten zum Erfolg

Im einst für Toyota entwickelten Ursprungs-Kanban fanden Kanban-Karten für die Steuerung von Einkauf, Lagerung, Transport und Produktion, also für Inventare und den Status physischer Güter Verwendung. Aber natürlich hat sich das Kanban-Prinzip längst auch im Software-Bereich bewährt.

Das Etablieren von Kanban läuft idealerweise in kleinen Schritten ab. Laut eines Handbuchs des Bundesverwaltungsamtes lässt sich Kanban leicht in jeder Organisation einführen. Dem ist nicht zu widersprechen. Jedoch sollte zu Beginn unbedingt ein Konsens darüber herrschen, was überhaupt erreicht werden soll beziehungsweise realistisch gesehen erreicht werden kann. Dass divergierende Vorstellungen hinsichtlich der exakten Zielstellung jede Zielerreichung erschweren, muss sicherlich nicht betont werden.

Das eigentliche Aufsetzen eines Kanban-Boards – physisch oder digital – ist im Prinzip schnell erledigt. Zuvor sollten allerdings Methodik, Prozessregeln, Anwendungsbereiche und Anwendungsumfang geklärt werden.

Ganz so einfach ist es dann doch nicht

Kanban ist zwar bewusst als ein seinen Verfahrensweisen nach leicht umsetzbares und nachvollziehbares System entwickelt worden. Dennoch kann die Initiierung gewisse Herausforderungen mit sich bringen. Wie fast immer im Leben muss zunächst einmal mit dem Widerstand der Betroffenen gegen Veränderungen gerechnet beziehungsweise umgegangen werden. Eine schrittweise, durch Schulungen begleitete Einführung hat sich hier als hilfreich erwiesen.

Im laufenden Betrieb dann sind fehlende Konsequenz und Disziplin in der Pflege des Boards quasi die natürlichen Feinde von Kanban. Regelmäßige Reviews und Meetings sind daher unerlässlich. Gibt man Teams außerdem stets ausreichend Gelegenheit, sich mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen einzubringen, vermeidet man, dass sich mittel- bis langfristig Widerstände aufbauen. 

Gar nicht abgehoben: Kanban-Flight-Levels

Sachdienlich ist überdies, WIP-Limits (Work in Progress) konsequent durchzusetzen, um die Überlastung einzelner Teams durch zu viele Arbeitsaufträge zu verhindern. Implizit ergibt sich daraus bereits ein Perspektivenwechsel, weg von der granularen Sicht der Teilprozesse und hin zur Gesamtregie über verschiedene Organisationseinheiten. 

Die sich hieraus ergebende Frage nach der Eignung von Kanban hat beispielsweise in der Vergangenheit der Informatiker Klaus Leopold beantwortet, indem er das Kanban-Flight-Level-Modell entwickelte. Dieses betrachtet Organisationen grundsätzlich aus drei metaphorischen Flughöhen: operative Ebene, Koordination und strategische Ebene. Mit anderen Worten: Kanban ist ein universelles Tool, das sozusagen vom Mikrokosmos der Produktionsstraße bis zur makroskopischen Gesamtsteuerung eines Unternehmens greift.

Aktuelle Trends und Entwicklungen

Wie eingangs erwähnt, wurde die Kanban-Methode in der Vergangenheit permanent weiterentwickelt. Während alles mit Papier und Pappe begann, stehen natürlich längst digitale Varianten zur Verfügung, welche Kanban-Boards von jedem Ort aus erreichbar machen und somit eine ganz andere Intensität der Steuerung, Überwachung und Kollaboration erlauben.

Was die aktuellen Trends betrifft, sind primär hervorzuheben:

  • Leistungsstarke digitale Analyse- und Reporting-Funktionen, die es erlauben, Prozesse im Detail besser zu verstehen, Engpässe schneller zu identifizieren beziehungsweise zu antizipieren und fundiertere Entscheidungen zur Prozessoptimierung zu treffen.
  • Die Integration in das Internet der Dinge (IoT) verbessert die Bestandsverwaltung mithilfe von Updates in Echtzeit.
  • Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) sorgt für die Automatisierung repetitiver Aufgaben und verspricht darüber hinaus für die Zukunft die effizienzsteigernde Optimierung von Entscheidungsprozessen, wodurch sich Mitarbeitende und Teams stärker auf strategische Tätigkeiten konzentrieren können.
  • Mobile App-basierte Kanban-Lösungen wiederum kommen der Zunahme von Fernarbeit entgegen und helfen verteilten Teams, von überall aus auf denselben Datenpool zuzugreifen und effektiver zusammenzuarbeiten.
     

Schlussfolgerung

Kanban ist und bleibt ein beispielhaft mächtiges Hilfsmittel zur Optimierung von Arbeitsprozessen. Seine enorme Leistungsfähigkeit verdankt es seiner prinzipiellen Einfachheit. Aus ihr resultiert die hervorragende Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit – trotz des schnellen technologischen Wandels –, die eine bemerkenswerte Zeitlosigkeit zur Folge hat. 

Kanban sorgt für Flexibilität, Transparenz, Effizienzsteigerung und kontinuierliche Verbesserung in jedwedem Bereich. Es fördert die Koordination und Priorisierung einzelner Prozesse sowie die Zusammenarbeit von Teams. Anders, vielleicht etwas phrasenhaft ausgedrückt: Wenn es Kanban nicht schon geben würde – man sollte es schleunigst erfinden.

Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 26.02.2025

Bildhinweis:
Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.  

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