Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? 33. Forum Asbest – ein Nachbericht

Mit seinem jährlichen Forum Asbest brachte das HDT am 07. November 2024 zum inzwischen 33. Mal Menschen unterschiedlicher Disziplinen in Essen für zwei Tage zusammen, die das Engagement für die sichere Entsorgung der einstigen Wunderfaser eint. Das geschah in diesem Jahr unter dem Eindruck spürbar unruhiger werdender Zeiten, möchte man anmerken. 

Die Überraschung über das Zerplatzen der Regierungskoalition tags zuvor – lediglich Stunden nach Bekanntwerden des Ergebnisses der US-Präsidentschaftswahl (aus der ebenfalls Hausaufgaben für Deutschland und Europa erwachsen) –, war tatsächlich so manchem Teilnehmenden anzumerken. Wenn auch nicht tröstlich, so lässt sich doch feststellen, dass der Gegenstand der Tagung als verlässliche Konstante bleibt. Allerorts schlummert in Gebäuden und Anlagen ein potenziell lebensgefährlicher Stoff, der nur zu hohen Kosten und mit sehr viel Know-how sicher beseitigt werden kann.

Letzteres zu vermitteln ist seit Jahrzehnten das Anliegen des HDT. Für sein Engagement in diesem Bereich erhält das älteste technische Weiterbildungsinstitut Deutschlands eine Menge Zuspruch. Weit über das Forum Asbest hinaus bietet es stark nachgefragte Lehrgänge zur Asbest-Sachkunde an – „kleiner Asbestschein“ und „großer Asbestschein“ – sowie Pflicht-Fortbildungen zum Erhalt der Sachkunde.

Kein Grund zur Freude

Als das Forum Asbest Anfang der 1990er-Jahre entstand, war das die Zeit, als in Deutschland nach einem vorausgegangenen Verbot von Spritzasbest (1979) das Wissen um die Toxizität der verschiedenen faserförmigen Silikat-Minerale in ein allgemeines Herstellungs- und Nutzungsverbot mündete. In Kraft trat es am 1. Januar 1993. Nicht anwendbar ist hier allerdings das Motto: „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.“ Daher ist mit dem Abebben der Nachfrage nach Fortbildungen und regelmäßigen Updates für die nächste Zeit nicht zu rechnen.

Im HDT könnte man sich über die „Absatzgarantie“ freuen, die aus zig Millionen Tonnen verbliebenen Asbestprodukten erwächst. Wäre das Thema dafür nicht viel zu ernst. Ein Beispiel: Trotz des drei Jahrzehnte zurückliegenden Verbots ist die Zahl der auf die Exposition mit Asbest zurückzuführenden Erkrankungen ebenso wie ihr Anteil an der Gesamtzahl neu gemeldeter Berufskrankheiten beständig hoch. Der Grund ist die lange Latenzzeit, die eben durchaus 30 und mehr Jahre betragen kann. 

Vor den so gefährlichen Langzeitfolgen des unsachgemäßen Umgangs mit asbesthaltigen Produkten – die jährlichen Todesfälle für ganz Europa entsprechen der Einwohnerzahl einer Mittelstadt – will das HDT Menschen durch gezielte Aufklärung unbedingt bewahren. 

Thema beim Forum Asbest: Modernisierung der Infrastruktur schafft neue Entsorgungsbedarfe

Zunehmend wichtiger im Hinblick auf die sichere Entsorgung von Asbest wird jenseits der Sanierung von Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie Industriebauwerken gegenwärtig – nach jahrzehntelangem Investitionsstau – der Rückbau von Verkehrsbauwerken wie Brücken. Hierüber wurde beim diesjährigen Forum Asbest und andere Schadstoffe in technischen Anlagen und Bauwerken (so der vollständige Name der HDT-Tagung) intensiv diskutiert – im Rahmen eines eigenen Vortragsblocks mit dem Titel „Schadstoffdiagnostik, Schadstoffsanierung und Rückbau von Verkehrsbauwerken“. 

Die mit Spannung erwartete Darstellung gliederte sich in die drei Teile „Stahlbrücken“  (Dr. Alexander Berg, AB – Dr. A. Berg GmbH, Hamburg), „Betonbrücken“ (Dipl.-Ing. Hans-Dieter Bossemeyer, WESSLING Consulting Engineering GmbH & Co. KG) und „Tunnelbauwerke“ (Tagungsleiter Dr. Bernd Sedat, SVB Sachverständigenbüro Dr. Sedat, Essen).

Überdies wurden am ersten Veranstaltungstag aktuelle Themen und Entwicklungen bei Gebäudeschadstoffen erörtert. Vortragende waren für Österreich Dipl.-Ing. Heinz Kropiunik (aetas Ziviltechniker GmbH, Wien), für die Schweiz Dipl.-Chem. Clemens Jehle (Umweltdienste GmbH, Mumpf, CH) sowie für Deutschland Dipl.-Geoökol. Olaf Dünger (ARCADIS Germany GmbH, Essen) und Dipl.-Ing. Martin Kessel (ARCADIS Germany GmbH, Karlsruhe).

Von A wie Ausstellung bis N wie Networking

Ferner standen auf der Tagesordnung unter anderem die Bewertung und Sanierung von (geringfügig) asbestbelasteten Bauteiloberflächen und Beschichtungen. Beides wurde anhand von Fallbeispielen nacheinander vorgestellt von Dr. Bernd Sedat und Dr. Alexander Berg – sowie aus dem Blickwinkel der Asbestexpositionen und des Arbeitsschutzes betrachtet von Dipl.-Ing. Andrea Bonner (Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Karlsruhe).

Zudem ging es in diesem Jahr um Fragen der Planung der Abfallentsorgung mit Schilderung der Praxiserfahrungen aus der ATV DIN 18448 (Dr. Bernd Sedat), die Entsorgungsplanung von der Schadstoffdiagnostik bis zur Andienung von Abfällen (Dipl.-Geol. Helmut Ringseis, M. Reithelshöfer GmbH, Roth) sowie in weiteren Vorträgen um Sanierungsschutz in Bezug auf Schleusenanlagen, die Fachdatenbank Gebäudeschadstoffe und Entwicklungen in der Fasermesstechnik und -diagnostik.

Begleitet wurde das Forum Asbest einmal mehr von einer sehenswerten, umfangreichen Fachausstellung. Über lebhafte Podiumsdiskussionen hinaus boten sich wie immer hervorragende Gelegenheiten zum fachlichen Austausch und zur Vernetzung. Dass man hierbei zahlreiche aus den letzten Jahren bekannte Gesichter wiedertraf, wertete das HDT-Organisatorenteam unter der Leitung von Dipl.-Kff. Ute Jasper genauso als Zeichen der Qualität und der anhaltenden Relevanz der Veranstaltung wie die noch vor Ort erteilte Zusage vieler Teilnehmender, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.

Das 34. Essener Forum Asbest ist angekündigt für den 06. bis 07. November 2025.

Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 11.11.2024

Bildhinweis:
Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.

Tags: Asbest
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