E-Mobilität: Wohin führt die holprige Straße?

Eine ganze Reihe von Gründen verhindert gegenwärtig eine schnellere Verbreitung von Elektrofahrzeugen. Die Reichweite mag allmählich an Bedeutung verlieren, doch die unzureichende Ladeinfrastruktur sowie hohe Ladezeiten drücken weiterhin auf die Kauflaune. Vor allen Dingen aber sind es die hohen Anschaffungskosten in Verbindung mit dem Wertverlust, der angesichts der rasanten Weiterentwicklung von E-Autos ein ganz anderes Gewicht bekommt als bei Verbrennern.

All diese Themen müssen von den OEM gemeinsam mit Zulieferern und teilweise von der Politik in überzeugender Weise im Sinne der Verbraucher adressiert werden, sollen die ambitionierten Absatzziele der Regierung aus der Vergangenheit in absehbarer Zeit erreicht werden. 

Protektionismus als Lösung?

Wenig hilfreich war in dieser Hinsicht die abrupte Beendigung der staatlichen Bezuschussung Ende des vergangenen Jahres. Und als wären die Herausforderungen nicht groß genug, gesellt sich nun noch die Machtprobe zwischen den USA und China hinzu. Europa befindet sich dabei einmal mehr zwischen den Stühlen. Während US-Hersteller wenig zu befürchten haben, steht für die vom chinesischen Markt weitaus abhängigere deutsche Automobilindustrie im Fall eigener EU-Strafzölle einiges auf dem Spiel. Ein eventueller Bumerang könnte sogar konventionell angetriebene Fahrzeuge treffen.

Ohnehin sind Zweifel angebracht, ob Protektionismus ein probates Mittel ist, um auf den schwindenden technologischen Vorsprung zu reagieren und sich der Flut chinesischer Billigmodelle (die technisch längst nicht mehr von minderer Qualität sind) zu erwehren.

Vorsprung durch Technik?

Als Alternative zur von manchen präferierten Intensivierung der Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern bleibt wohl nur die Option, sich einen neuerlichen „Vorsprung durch Technik“ zu erarbeiten, um einen bekannten Markenslogan zu zitieren. Das gelang den Deutschen in der Vergangenheit immer wieder (man denke etwa an den Markteintritt der Japaner vor rund einem halben Jahrhundert). 

Ansatzpunkte für eine „Gegenoffensive“ gibt es viele. So wird auch hierzulande intensiv an Batterien der Zukunft geforscht, wie beispielsweise die internationale Konferenz „Advanced Battery Power – Kraftwerk Batterie“ und der „Batterietag NRW“ Jahr für Jahr eindrucksvoll zeigen.

Als Impulsgeber zunehmend wichtiger wird überdies die Ladetechnologie – im Sinne von Vehicle-to-Grid und Smart Charging. Elektrofahrzeuge werden, indem sie Strom ins Netz einspeisen, vom reinen Energieverbraucher quasi zur Energiequelle und zum Treiber der Energiewende.

Hochvoltsysteme für Elektrofahrzeuge

Weitere Strategien, welche beitragen können, die Elektromobilität auf ein nächsthöheres Level zu bringen, sind die Optimierung der Aerodynamik und die Weiterentwicklung von Hochvoltsystemen. Deren Effizienz hat nämlich ebenfalls einen spürbaren Einfluss auf Reichweiten und Fahrwerte.

Als komplexe Netzwerke bestehen Hochvoltsysteme aus verschiedenen Technologien und Komponenten, die jede für sich sowie in ihrem Zusammenspiel verstanden sein wollen. Hierzu zählt insbesondere die Leistungselektronik, die dem Zweck dient, elektrische Energie umzuwandeln und zu steuern.

Pragmatische Lösungen statt Illusionen

Zusammenfassend stellt sich die Frage, wohin die zuletzt holprige Straße der Elektrifizierung des Verkehrs führt. Für die Beantwortung ist natürlich der zugrunde gelegte Zeitraum entscheidend. Dass der fossile Verbrenner keine wirkliche Zukunft hat, die zeitnahe Ablösung jedoch illusorisch ist, dürfte unstrittig sein.

Aktuell kommt ein neuer Gesichtspunkt dazu. Veränderte politische Mehrheitsverhältnisse in der EU und der Druck aus den Reihen der Industrie sorgen erkennbar dafür, dass bisherige Ausstiegs- beziehungsweise Verbotstermine mindestens hinterfragt werden. 

Für die E-Mobilität sollte das nicht von Nachteil sein. Indes muss die Transformation trotz der Sorge um Klima und Umwelt dergestalt gelingen, dass die Basis für den Wohlstand unseres aus dem geopolitischen Zentrum gerückten Kontinents nicht unter die Räder kommt. Denn wie heißt es so treffend: „Autos kaufen keine Autos.“

Autor: Michael Graef, Chefredakteur HDT-Journal, 17.06.2024

Bildhinweis:
Unser Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz.

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